Kritik zu Morning Glory
Harrison Ford beim Frühstücksfernsehen? Ja – er zieht sich sogar eine Kochschürze über und brutzelt sein Lieblingsgericht, eine Frittata mit allem, was der Kühlschrank so hergibt
Der Star legendärer Abenteuer-Blockbuster als Moderator einer TV-Morningshow – das ist der Casting-Coup von Morning Glory. Eine der zahlreichen, hübsch gebastelten Pointen, die Roger Mitchells vergnügliche Komödie parat hält. Und es ist wunderbar, Harrison Ford dabei zuzusehen, wie er in seiner knurrigen, coolen Art als Moderator Mike Pomeroy auch noch zum TV-Koch wird, an den Herd tritt, die Pfanne schwingt und es schafft, sich sogar hierbei nicht zum Trottel machen zu lassen. Die hübsche, rehäugige Rachel McAdams steht im Zentrum des Geschehens. Sie verkörpert Becky Fuller, eine junge, immer mit Optimismus und Energie aufgeladene TV-Produzentin, die sich ihre Karriere durch ein Gestrüpp wild wuchernder Egos und zynischer zynischer Chefs bahnen muss. Zu Beginn verliert sie ihren Job bei einer Morningshow in New Jersey – hier verbringt Regisseur Roger Michell (Notting Hill) etwas zu viel Zeit damit, Becky als niedlich verzappeltes Wesen einzuführen. Dann aber erhält sie das Angebot, in New York die quotenschwache Morningshow namens »Daybreak« auf Vordermann zu bringen. Und schon gewinnt die Story an Fahrt und kantigem Witz. Etwa wenn Beckys neuer Chef (Jeff Goldblum) ihren betulichen Optimismus konterkariert. Er: »Sie kennen unser Frühstücksfernsehen?« Sie: »Oh, es ist hochinteressant!« Er: »Sie wissen selbst, dass es Schrott ist. ›Daybreak‹ ist unterbesetzt, unterfinanziert, jeder Produzent wird öffentlich verhöhnt, ist überarbeitet und wird miserabel bezahlt!« Becky lässt sich nicht entmutigen und entdeckt, dass beim Sender ein alter, renommierter TV-Anchorman, Pomeroy, unter Vertrag, aber ohne Aufgabe ist. Ihm bietet sie die »Daybreak«-Komoderation an, was Pomeroy erst einmal entrüstet ablehnt, schon weil er nicht an der Seite einer vormaligen Schönheitskönigin (Diane Keaton) agieren will. Er war als Topnachrichtenmann an der Front der weltgeschichtlichen Ereignisse und kann unmöglich den Klatsch-Tratsch-Mode- Firlefanz von Morningshows mitmachen. Becky muss sich etwas einfallen lassen, um ihn ins Boot zu holen.
Erfolgreich zu sein, ist die amerikanische Religion. Dieser Religion huldigen amerikanische Komödien in Form von Versöhnungsgeschichten, die behaupten: Man kann erfolgreich sein, ohne alles (das Privatleben, die Gefühle, das berufliche Ethos) opfern zu müssen. Solch eine Geschichte erzählt Morning Glory. Im Kern ist es die Geschichte einer Familienkonstruktion. Eine Kritik an der Boulevardisierung des Fernsehens findet nicht statt, aber das Treiben hinter den TV-Kulissen wird mit munter satirischem Elan ausgemalt.
Becky knüpft mit Pomeroy keine Liebesbande an, um die Karriereleiter hochzuklettern (wie einst Faye Dunaway mit William Holden in Sidney Lumets Network), sie ringt mit ihm wie mit einem väterlichen Über-Ich. Eine Tochter-Vater-Geschichte. Becky findet im Nachbarbüro einen Lover, in der Crew eine Art Ersatzfamilie, und sie bringt Pomeroy dazu, sich anzustrengen und richtig mitzuspielen. Wenn er am Ende sogar als Koch vor die TV-Kameras tritt, dann garantiert Harrison Fords Coolness, dass das keine Kapitulation ist.
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