Kritik zu Der ganz normale Wahnsinn
Das ehemalige »Sex and the City«-Girl Sarah Jessica Parker in der Hauptrolle einer Komödie, die sich um das Thema der Vereinbarkeit von Karriere und Familie dreht
Als die Bostoner Investmentmanagerin Kate nachts von einer Geschäftsreise nach Hause kommt, muss noch ein letzter Termin abgehakt werden: das Backen eines Kuchens für ein Kindergartenevent. Kurzerhand traktiert Kate einen gekauften Kuchen hektisch mit dem Nudelholz, damit er den rustikalen Homemade-Touch bekommt; Gatte Richard betrachtet seine Liebste derweil mit mildem Vorwurf. Diese Anfangsszene soll Kates chaotisches Wursteln zwischen Karriere und Mutterpflichten demonstrieren. Doch etwas ist faul in diesem Bild. Auf der Leinwand kommt der Baufehler der Vorlage, des Romans »I don’'t know how she does it« von Allison Pearson, erst recht zum Vorschein.
Im Fahrwasser des aufgekratzten »Sex-and-the-City«-Frauenmärchens tischt Douglas McGrath eine erstaunlich humor- und ziellose Karrierefrauenmär auf. Wie die Serie weist auch dieser Film scharfsinnige Beobachtungen alltäglicher Sollbruchstellen und flotte Dialoge auf – und kommt doch über ein piefiges Kinder- Karriere-Rührstück nicht hinaus.
Kates To-do-Liste lässt sie zwar aus dem Schlaf schrecken; schlimmer ist aber, dass sie für ihren Einsatz statt Anerkennung Druck von allen Seiten bekommt. Im Dokumentarfilmstil sprechen ihre Mitmenschen ihren Kate-Kommentar direkt in die Kamera, der Tenor ist: »Ich weiß nicht, wie sie das schafft.« Nicht nur der berufliche Konkurrent betont mit diesem vergifteten Kompliment Kates Doppelbelastung. Vor allem Frauen fahren der Karrierefrau in die Parade, angefangen von der Schwiegermutter mit ihren spitzen Bemerkungen über die unzuverlässige Haushälterin bis zu den Kindergärtnerinnen, die sich über ihre ewigen Verspätungen ärgern. Kates Nemesis aber sind die entspannten »Momsters, hierzulande als »Latte-Macchiato-Supermuttis « bekannt. So kommt Kate als armes Hascherl daher, das sich im Netz widersprüchlicher Rollenvorstellungen abstrampelt.
Widersprüchlich ist auch diese Komödie – selbst wenn der Drehbuchautorin Lob gebührt für die Abänderung des Romanendes, in dem Kate in ein ländliches Hausfrauendasein floh. Denn lässt man mal die Passivität des netten Ehemannes beiseite: in der Realität dürfte in Kates Einkommensklasse schlicht Geld das Mittel der Wahl sein, um ihr »den Rücken freizuhalten«. Die Nöte dieser Großverdienerin aber sind die einer berufstätigen Mittelklassemutter, deren Gehalt fast für die Tagesmutter draufgeht. So schön es ist, mal nicht eine Floristin, Zuckerbäckerin oder Werberin als Vorbild angedient zu bekommen, so masochistisch verhält sich diese Finanzmanagerin. Wieso sollte es die einzige Powerfrau im Alphamännerclub nicht hinkriegen, zuverlässige dienstbare Geister zu engagieren oder die Coolness zu entwickeln, Störmanöver zu ignorieren? Andererseits ist Geld auch in dieser Frauenkomödie ein Tabu, sind doch Geschlechtsgenossinnen, die dem Mammon nachjagen und es genießen, anstößig, ja bedrohlich. Die penetranten Kleinmädchenmanierismen der 46-jährigen Sarah Jessica Parker als sich ständig entschuldigende Kate sprechen Bände: Ihr theatralisches Gezappel ist eine einzige Aufforderung, diese Powerfrau bloß nicht ernst zu nehmen.
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