Kritik zu Safe – Todsicher
Jason Statham legt sich in seinem neuen Actionreißer als obdachloser Kampfsportler mit der New Yorker Unterwelt an – und Regisseur Boaz Yakin inszeniert altmodische Großstadtdreckigkeit mit hippem hohem Bodycount
Das ewige Versprechen, einen Actionhelden als denkendes und fühlendes Wesen zu zeigen, das mehr ist als die Summe seiner erlegten Gegner, durchzieht auch Jason Stathams neuen Reißer. Als Spieleinsatz dient ein kleines chinesisches Mädchen, ein Mathematikwunderkind, das von chinesisch-amerikanischen Triaden nach New York entführt wird. Die Triaden benutzen das Superhirn Mei als lebendes Kassenbuch, damit ihre finanziellen Transaktionen nicht nachverfolgt werden können. Statham gibt den heruntergekommenen Kampfsportler Luke, der einen Fight gewinnt, statt ihn wie abgesprochen zu verlieren. Die russische Mafia will an ihm daraufhin ein Exempel statuieren, bringt seine Frau um und lässt ihn am Leben, mit dem Versprechen, alle Menschen, denen er nahe kommt, zu töten.
Der gebrochene Mann irrt als Obdachloser durch die Stadt und wird durch den ängstlichen Blick des Mädchens, das zwischenzeitlich sowohl den Chinesen wie russischen Kidnappern entwischen konnte, vor dem Sprung vor die U-Bahn bewahrt. Luke schwingt sich zu Meis Schutzengel auf und legt sich gleichzeitig mit Chinesen, Russen und korrupten Polizisten an.
Der Beginn dieses Actionthrillers ist mit den knappen, parallel geschnittenen Geschichten recht verheißungsvoll. Zwischen Aktion, Reaktion und Lukes Winkelzügen, um die Parteien gegeneinander auszuspielen, wird das Gemetzel jedoch bald etwas unübersichtlich. Als feiner roter Faden dient dennoch die allmähliche Enthüllung von Lukes Vergangenheit, denn natürlich ist dieser versierte Killer nicht jener Penner, als der er eingeführt wurde. Regisseur und Drehbuchautor Boaz Yakin hat ein ausgesprochen uneinheitliches Repertoire, drehte etwa das Sportdrama Gegen jede Regel und Komödien wie Uptown Girls. Bekannt wurde er als Drehbuchautor der Comicverfilmung The Punisher. Diesmal macht er im Vergleich zu Stathams überspannten Crank-Actionfilmen eine Rolle rückwärts und greift stilistisch auf 70er-Jahre-Kracher à la French Connection zurück. New York ist hier eine bis hin zum Bürgermeister korrupte Metropole, terrorisiert von ethnischen Gangs, die von bestechlichen Polizisten die Türen aufgehalten bekommen. Ständig müssen sich Passanten schreiend auf den Boden werfen, um den Kugeln zu entgehen. Das Ambiente ist so beiläufig dreckig wie in alten Krimis, doch der extrem hohe Bodycount ist heutigen Sehgewohnheiten angepasst.
Yakin weiß aber, was er tut: Verfolgungsjagden und Schießereien in U-Bahn-Waggons, Hotels, Obdachlosenunterkünften und Spielhöllen haben bei aller Brutalität etwas Eilig-Unprätentiöses. Bei Lukes Haken schlagendem Parcours durch die Unterwelt ist für theatralischen Sadismus keine Zeit. Auch Mei, die als McGuffin das Hauen und Stechen in Gang setzt, wird nie verniedlicht. Jason Statham schließlich ist nicht ausdrucksvoller als gewohnt, presst aber nett lakonische Sprüche zwischen den Lippen hervor. Der Brite gilt gewissermaßen als neuer Actionheld alten Schlages, und vielleicht wird man sein Pokerface irgendwann genauso achselzuckend akzeptieren wie einst Stallones merkwürdige Visage. Yakins Reißer ist kein Geniestreich, hat aber mehr ruppigen Drive, als man erwarten durfte.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns