28. Filmfest Braunschweig
»Alice im Wunderland«
Mit Stargast und mit Horrorecke: das 28. Filmfest Braunschweig
Unter seinem neuen Leiter Michael P. Aust, ansonsten verantwortlich für das Festival "SoundTrack-Cologne" in Köln, setzte das Filmfest Braunschweig auch in diesem Jahr seinen Schwerpunkt Film & Musik fort, und plant, wie Aust bei der Preisverleihung sagte, ihn in den kommenden Jahren noch auszubauen. So gab es zur Eröffnung ein Filmkonzert, bei der das Staatsorchester Braunschweig Danny Elfmans Filmmusik für Tim Burtons »Alice im Wunderland« in der VW-Halle aufführte. VW ist denn auch der Hauptsponsor des Festivals und überwiegend verantwortlich für die finanzielle Ausstattung der vier Preise im Gesamtwert von 25.000 Euro, die am vorletzten Abend verliehen wurden.
Auch wer etwa nur an diesem einen Tag anwesend war, bekam schon einen guten Einblick in die Vielfalt des Festivals, das in sechs Tagen 85 Lang- und 247 Kurzfilme, darunter eine Welt-, drei Europa- und 21 Deutschlandpremieren präsentierte.
So zeigten am Nachmittag die drei Regisseure Jörg Buttgereit, Michal Kosakowski und Andreas Marschall im Rahmen eines Werkstattgesprächs erstmals Ausschnitte aus ihrem kommenden Episodenfilm „»German Angst«. Für die Einladung des Festivals hatten sie sogar auf das parallel stattfindende "Weekend of Horrors" in Oberhausen verzichtet. Vielleicht auch, weil Braunschweig den drei Filmemachern darüber hinaus die Möglichkeit gab, um Mitternacht fünf Wunschfilme zu präsentieren. Gezeigt wurden »Es geschah am helllichten Tag« (als einziger deutschsprachiger Beitrag im gerade erschienenen Film-Noir-Buch gewürdigt), »The Boys from Brazil«, der spanische »Im Glaskäfig«, der österreichische »In drei Tagen bist du tot 2« und Andrzej Zulawskis »Possession«, den Jörg Buttgereit zum "einzig wahren Berlin-Film" erklärte. Alle drei erzählten von der Arbeit mit Super-8-Cinemascope (das Format, auf dem die Episoden gedreht wurden) und von der mit Laiendarstellern. Die Ausschnitte sahen vielversprechend aus, die Fertigstellung des Films soll rechtzeitig erfolgen, um ihn im Rahmen des Berlinale-Marktes vorführen zu können.
Zog diese Projektpräsentation ein eher überschaubares Publikum an, so füllte der Auftritt von Mads Mikkelsen ein ziemlich großes Kino. Im Gespräch mit dem Filmkritiker Daniel Kothenschulte (der anschließend bei der Preisverleihung auch die Laudatio hielt) erwies sich Mikkelsen als ebenso intelligent wie auskunftsfreudig, sprach nicht nur von der Arbeit an der Folterszene mit Daniel Craig im "Bond“ Film, sondern auch von der Zusammenarbeit mit Nicolas Winding Refn (in dessen »Pusher« er sein Langfilmdebüt gab) und natürlich auch über die US-TV-Serie »Hannibal«, die ihm einen ganz neuen Fankreis erschlossen hat.
Bei der abendlichen Preisverleihung wurde neben Mikkelsen, der den Schauspielpreis, die ‚Europa’ erhielt, der französische Komponist Jean-Michel Bernard, mit einer Hommage und einem Werkstattgespräch vertreten, ausgezeichnet. Schade, dass der 15minütige, mit dem Kurzfilmpreis ‚Der Leo’ für dien besten Soundtrack prämierte finnische Film »Emergency Calls« dabei nicht auch vorgeführt wurde. Der Publikumspreis ging an Burhan Qurbanis «Wir sind jung. Wir sind stark« (Kinostart: 22.1.), während die Jury des deutsch-französischen Jugendpreises ‚Kinema’ Jean Denizots »La belle vie« (The Good Life) auszeichnete. Bleibt zu hoffen, dass dieser mit 10.000 Euro dotierte Preis, von dem die Hälfe an den deutschen Verleih geht, deutsche Verleiher auf den Film aufmerksam macht: Die Geschichte eines Vaters, der vor Jahren seine beiden Söhne nach einem Sorgerechtsstreit entführt hat und seitdem auf der Flucht ist, während die Söhne, mittlerweile an der Schwelle des Erwachsenenwerdens, sich von ihm abzunabeln versuchen, hätte es verdient.
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