Kritik zu Freud – Jenseits des Glaubens

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Ein fiktiver Disput über die letzten Dinge: Matt Brown verfilmt das spekulative Buch von Armand Nicholi mit Anthony Hopkins als Sigmund Freud und Matthew Goode als C. S. Lewis

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Im Jahr 1938 flüchtete Sigmund Freud vor den Nazis nach London, wo dem Todkranken noch ein Jahr blieb. In dieser Zeit empfing er zahlreiche Prominente. Ob auch C. S. Lewis in Maresfield Gardens vorbeischaute, jener Literaturwissenschaftler, der später u. a. »Die Chroniken von Narnia« verfasste, ist nicht sicher.

Auf dieser Spekulation basiert das Buch »The Question of God«, in dem Armand Nicholi die beiden unterschiedlichen Denker zu einem intellektuellen Gipfeltreffen zusammenführt. Basierend auf der Theaterversion dieses fiktiven Dialogs, adaptierte Matthew Brown diesen Disput über die letzten Dinge nun für die Leinwand. Der Film kreist um das Motiv der Religion, die in den Werken beider Autoren eine konträre Rolle spielt. Während der frühere Atheist Lewis in der Theologie Trost für den Krebstod seiner Frau fand, erblickte Freud als Aufklärer in Religionsausübungen eine Parallele zu zwangsneurotischem Verhalten.

So verwundert es nicht, dass der berühmte Psychoanalytiker seinen jungen Besucher anfangs wie einen Patienten auf der Couch behandelt. Unterbrochen von Rückblenden und elegischen Darstellungen seelischer Zustände, rekapituliert der Film, wie beide Männer aus ihrer Lebensgeschichte heraus unterschiedliche Zugänge zu Themen wie Schmerz, Leid, Tod und Sexualität entwickelten. In einer Szene vertieft Lewis sich spät nachts noch in die biblische Schöpfungsgeschichte. Bis seine Frau hinzutritt und ihn an seinen schöpferischen Job im Ehebett erinnert. Britischer Humor.

Bei der Illustration der Freud'schen Motive stößt die Inszenierung an bekannte Grenzen. Obwohl die Psychoanalyse im Wesentlichen eine Redekur ist, lässt sich die freie Assoziation schwerlich in eine Bildsprache umsetzen. In John Hustons »Freud« von 1962 gelang das nur für einen Moment: Um die Assoziation zwischen »Protestanten und Prostituierten« lebendig werden zu lassen, prallen im Filmschnitt blitzlichtartig Bilder von Nonnen und Huren aufeinander. In Browns Film sucht man solche Momente vergebens. Einmal werden die Gesprächspartner von einem Bombenalarm aufgestört – obwohl London an jenem dritten September 1939, an dem England den Deutschen den Krieg erklärte, noch gar nicht angegriffen worden ist. Im Luftschutzkeller zeigt Lewis als Veteran des Ersten Weltkriegs typische Symptome des Shell-Shocks, ein Zittern mit Panikattacke. Freud hingegen leidet an Oberkieferkrebs im Endstadium und muss die Schmerzen mit Whisky und Morphium betäuben.

Anthony Hopkins schaut man dabei schon gern zu. Die Regie hätte aber gut daran getan, sein Overacting zu bremsen. Als tiefgläubiger, aber innerlich zerrissener C. S. Lewis wirkt Matthew Goode am Ende interessanter. Der Seitenblick auf Freuds Tochter Anna (Liv Lisa Fries), die möchte, dass der Übervater ihre homoerotische Beziehung absegnet, wirkt etwas hölzern. Dennoch hat der Film seine Momente. Browns konventionelle Inszenierung kann den Eindruck eines abgefilmten Kammerspiels jedoch nicht ganz abschütteln.

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