Kritik zu Memory of Water
In einer vom Wassermangel an den Rand des Zivilisierten getriebenen Welt: Die Finnin Saara Saarela hat den dystopischen Roman von Emmi Itäranta für die Leinwand adaptiert
Das Trinkwasser ist knapp geworden. Die Herrschenden haben die Kontrolle über die Verteilung der spärlichen Rationen dem Militär übergeben. Wasserdiebstahl wird streng bestraft; dabei geht es ohnehin nur um eine trübe Plörre, deren Keimen auch Filter kaum beizukommen vermögen. Die Lebenserwartung ist dementsprechend niedrig. Staubig ist das Land und öde und weit und breit kein Baum und kein Strauch zu sehen. Tiere sind im übrigen ausgestorben; vor dem Betreten vergifteter Zonen wird gewarnt und im Rest der Gegend sieht es aus wie auf einer Müllhalde. Willkommen in der nicht allzu fernen Zukunft!
Ausgedacht hat diese sich die finnische Schriftstellerin Emmi Itäranta in ihrem 2012 erschienenen Debütroman »Memory of Water«. Darin tritt die junge Noria die Nachfolge ihres Vaters (und Großvaters und Urgroßvaters und so weiter) als Teemeisterin eines kleinen Ortes mitten im (mittlerweile) toxischen Ödland an; und mit dieser Nachfolge geht das Erbe eines Familiengeheimnisses einher, das Noria unter den gegebenen Umständen in arge Gewissensnöte bringt: das Wissen um eine verborgene Quelle nämlich. Soll sie es hüten, um sich selbst nicht in Gefahr zu bringen? Oder soll sie es offenlegen und so ihren darbenden Mitmenschen helfen? Während Noria noch hadert, finden sich Hinweise auf ein weitaus größeres Geheimnis, dessen Aufdeckung unabsehbare Folgen zeitigen könnte.
Unter der Regie von Saara Saarela und nach einem Drehbuch, das die Buchautorin gemeinsam mit Ilja Rautsi verfasst hat, ist der dystopische Roman nun verfilmt worden; in Gestalt eines verhaltenen Dramas, das nahezu ohne SF-typische Spektakel auskommt, dessen minimalistischer Ansatz allerdings auch, und nicht zum Vorteil des Films, Charakterisierung und Dialogführung umfasst. So entwerfen zwar die Abteilungen Szenen- und Kostümbild mit geringen Mitteln höchst effektiv eine überzeugend verrottende Welt, die Figuren aber, die jene Bühne dann betreten, bleiben blass und haben nichts zu sagen. Auch das Geschehen selbst vollzieht sich in »Memory of Water« seltsam unbeteiligt; meist unvermittelt folgen die Szenen aufeinander, die Geografie der Ortswechsel ist diffus; Motivationen wechseln ebenso unerklärlich wie Allianzen, Neben- und Randfiguren behaupten Bedeutung und verschwinden wieder, ohne dass klar geworden wäre, welche; dazu die ewiggleich schwermütig artikulierte Ratlosigkeit aus Leichenbittermienen.
So gerne man angesichts der beeindruckenden Leistungen auf der Produktionsebene – gedreht wurde unter anderem in erhabenen Landschaften Finn- und Lapplands – auch zu einem anderen Schluss kommen möchte: »Memory of Water« ist ein langweiliger Arthouse-Science-Fiction, der die Reduktion von Ausdruck mit der Konzentration von Aussage verwechselt und das Lethargische mit dem Elegischen. Ein Fehlschlag, der umso mehr schmerzt, als die Themen Ressourcenknappheit, Privatisierung und Rationierung längst schon keine Begriffe einer unvorstellbar fernen Zukunft mehr sind; ein deutlich engagierterer Zugriff wäre da wünschenswert gewesen.
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