Kritik zu Moneyboys

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Der chinesisch-österreichische Filmemacher C. B. Yi erzählt in seinem Spielfilmdebüt vom Leben und vom Lebensgefühl junger schwuler Männer, für die die Prostitution Ausweg und Falle zugleich ist

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Fei ist verärgert. Er wollte nie verstehen, warum ihm Long aus ihrem Heimatdorf in die große Stadt gefolgt ist. Vor dem Offensichtlichen, Longs Liebe zu ihm, hat er bisher die Augen verschlossen. Stattdessen hat er alles darangesetzt, seinen jüngeren Cousin dazu zu bewegen, so schnell wie möglich wieder auf die kleine Insel irgendwo im Inneren Chinas zurückzukehren, wo sie beide herkommen.

Doch Long hat seine eigenen Ideen. Er will nicht zurück in die Heimat. Die dort herrschenden erzkonservativen Vorstellungen von Moral und Familie erscheinen ihm wie ein Gefängnis. Er will aber auch nicht für einen Hungerlohn in einem Restaurant arbeiten und in einem winzigen Zimmer sein Leben fristen. Er weiß, wie Fei sein Geld als »Moneyboy«, als Prostituierter, verdient und kennt dessen schicke Wohnung über den Dächern der Stadt. Deswegen ist er bereit, wie Fei seinen Körper zu verkaufen.

Die Konfrontation zwischen Fei und Long ist einer der wenigen Momente in C. B. Yis erstem langem Spielfilm, in denen alle Karten offen auf dem Tisch liegen. Das macht diesen Moment in Longs engem Zimmer so faszinierend. In aller Klarheit benennt Long, was Fei sich nicht eingestehen will. Die Arbeit als Stricher zieht zwar eine Ächtung durch ihre Familien nach sich. Außerdem bringt sie noch zahlreiche Gefahren mit sich. Wer wie Fei lebt, muss immer damit rechnen, von einem brutalen Kunden verletzt oder von der Polizei in eine Falle gelockt zu werden. Aber zugleich gewährt ihnen dieses Leben eine Freiheit, die junge Männer wie Long und Fei auf einem anderen Weg kaum finden könnten.

Der chinesisch-österreichische Filmemacher C. B. Yi illustriert dieses Spannungsfeld meist in langen Plansequenzen. Immer wieder zeigt er Fei im Kreis seiner Freunde oder Familie. Man kommt zum Essen und Trinken zusammen und verstrickt sich dabei mehr und mehr in die Widersprüche, die das Leben zwischen Hypermoderne und ­Tradition, Stadt und Land, Freiheit und Kontrolle, so prägen. Die Länge der Einstellungen und die meist eher knappen Dialoge nehmen die Dramatik aus vielen der Szenen und öffnen den Blick für die ihnen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Strukturen.

Aus eben diesen Strukturen kann sich Fei nicht befreien. Er lebt, anders als Long, der bewusst mit seiner Herkunft bricht, in einem fortwährenden Dazwischen und findet weder in der Welt seiner Familie noch in der Gemeinschaft der »Moneyboys« dauerhaft ein Zuhause. Yis Inszenierung und ­Vialards brillante Kompositionen, die voller Nachdruck davon zeugen, wie Räume, reale ebenso wie metaphorische, Menschen formen, wie sie ihnen Chancen eröffnen oder nehmen können, wachsen so über die Geschichte hinaus. Ihr Porträt einer schwulen Liebe, die letzten Endes nur scheitern kann, gibt dem Film ein emotionales Zentrum, das berührt, aber sich dem Melodramatischen konsequent verweigert. Unter der Erzählung von Feis Zerrissenheit liegt der Abgrund einer Gesellschaft, die die Menschen in unlösbare Konflikte stürzt und nirgendwo einen Halt bietet.

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