Kritik zu Schmetterlinge im Ohr
Sich hören und sich verstehen ist im Französischen das gleiche Wort, aber durchaus nicht dasselbe: Pascal Elbé erzählt in seiner Komödie von Schwerhörigkeit und von Liebe
Bislang konnte Antoine (Pascal Elbé) seinen Zustand ganz gut verdrängen. Doch die Zeichen aus dem Umfeld des Geschichtslehrers mehren sich: Er ist auf dem besten Wege, vollständig taub zu werden. Die Musik in der Wohnung wird immer lauter aufgedreht. Bei Besprechungen in der Schule sitzt er nur teilnahmslos dabei. Und dann ist da noch die Sache mit dem Wecker.
Der klingelt jeden Morgen endlos lange vor sich hin. Das veranlasst die Nachbarin Claire (Sandrine Kiberlain) dazu, sich vehement bei Antoine zu beschweren – ein Zusammentreffen, aus dem selbstverständlich bald mehr entstehen wird. Bis es so weit ist mit der züchtigen Liebelei, müssen natürlich noch einige Hürden (und Themen) abgearbeitet werden.
»Schmetterlinge im Ohr« ist, wie der deutsche Titel schon verrät, ein Film über Verständigung und Hören. Aus diesem Komplex entfalten sich auch viele der braven Feelgood-Pointen, die zusammengesetzt sind aus Missverständnissen und Unerhörtem. Eben damit beginnt der Film auch gleich: Als Antoine im Bett auf den Dirty Talk seiner Freundin zum wiederholten Mal nicht reagiert, verlässt sie wutentbrannt die Wohnung. Die Schwerhörigkeit des Mannes wird damit auch zur Metapher der grundsätzlichen Geschlechterdifferenzen, die sich zu den alten Klischees auftürmen: Männer hören einfach nicht richtig zu.
Außerdem ist da noch Claires Tochter Violette (Manon Lemoine). Die hat nach dem Unfalltod des Vaters aufgehört zu sprechen. Zwischen dem tauben Antoine und dem stummen Mädchen entwickelt sich eine fürsorgliche Beziehung, in der sich beide aus der Reserve locken. Am Ende wird hier jedoch über die Bande des Kindes die Geschichte vom männlichen Retter ausgespielt.
Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Pascal Elbé geht es vor allem darum zu zeigen, was es für Menschen bedeutet, wenn sie zum ersten Mal ihre akustische Umwelt vollumfänglich wahrnehmen. Diese Momente gehören zu den starken Szenen im Film, wenn es dem Sounddesign gelingt, die sinnliche Erfahrung nachzubilden.
So muss Antoine sich erst daran gewöhnen, dass die Welt nun ganz nah an ihn heranrückt, der Biss in den Apfel oder der Griff in die Chipstüte aufdringlichen Explosionen gleichen. Für die Geschichte folgt daraus aber – nichts.
»Schmetterlinge im Ohr« ist in typische Bilder gegossene, vollkommen formelhafte Harmlosigkeit. Das wäre nicht weiter schlimm, aber leider gelingt dem Regisseur die Verbindung seiner vielen Themen nicht wirklich. Da stolpern Dialoge in den Plot hinein wie halb gare Ideen, nur um die Geschichte in Gang zu halten. Schauwerte sind kaum vorhanden. Hinzu kommt, dass Antoine sein Gegenüber einmal kaum versteht, nur um in entscheidenden Szenen mühelos am Gespräch teilnehmen zu können. All das macht aus dieser französischen Komödie einen Film von manchmal auch unfreiwilliger Komik.
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