Amazon: »Kevin Can F**k Himself«
»Kevin Can F**k Himself« (Serie, 2021). © Jojo Whilden/AMC
Eine frustrierte Ehefrau hat genug von den Demütigungen ihres trottelig-chauvinistischen Gatten und wünscht sich dessen Tod. So ließe sich die neue US-Serie »Kevin Can F**k Himself« narrativ auf einen kurzen Nenner bringen. Oder formal: Misogyne Sitcom mit Konservenlachern und düsteres Ehedrama gehen eine dysfunktionale Beziehung ein. Denn was die Macher:innen um Valerie Armstrong und Craig DiGregorio hier in acht 45-Minuten-Folgen versuchen, ist, zwei disparate Tonlagen in eins zu setzen, um durch Reibung einen Erkenntnismehrwert entstehen zu lassen und so dem Prinzip reaktionärer Familiensitcoms auf die Schliche zu kommen.
Es beginnt wie Dutzende Vorabendformate im Privatfernsehen mit einem hell ausgeleuchteten, frontal gefilmten Wohnzimmer, in der Mitte eine Couch, auf der sich die Charaktere in unterschiedlichen Zusammensetzungen versammeln. Tumbe Schenkelklopferscherze von Kevin (Eric Petersen), einem 35-Jährigen mit dem Gemüt eines 10-Jährigen, werden von eingespielten Lachern belohnt. Als seine gleichaltrige Ehefrau Allison (Annie Murphy, die privilegierte Tochter in »Schitt's Creek«) den Raum betritt, trifft sie ein Pingpongball ins Gesicht, dann wird sie von Kevins noch tumberem Kumpel Neil (Alex Bonifer) »Mom« genannt, obwohl sie kinderlos ist. Es wird mit zweierlei Maß gemessen, Kevin ist der Witzemacher, Allison kriegt den Spott ab. Doch sobald sie durch eine Tür geht und allein ist, wechselt mit dem Raum auch das Genre: von der hellen, aufgekratzten Multikamera-Sitcom-Kulisse, Kevins Welt, ins graue, filmisch wirkende Alltagsdrama, das für Allison bittere Realität ist: ihr Job im Schnapsladen, die trostlose Küche, Orte, wo sie keine Fassade mehr aufrechterhalten muss oder kann. Auch ihr eben noch aufgesetzt fröhliches Gesicht erlischt dann und wirkt mit einem Schlag resigniert und erschöpft.
Nach »WandaVision« ist »Kevin Can F**k Himself« nun eine weitere Metasitcom; beide Serien reflektieren das Genre, hinterfragen Topoi und Konventionen. Die Frauen in Familien-Comedyserien sind allzu oft Heimchen am Herd, reduziert aufs Schlagwortgeben für den männlichen Protagonisten. Sie haben meist großes Verständnis für die Kindereien ihres im Mittelpunkt stehenden (oder auf der Couch flätzenden), jedenfalls nicht erwachsen werden wollenden Ehemanns oder leiden leise am Rande des Geschehens. Wo die Heldin in »WandaVision« aus Trauer in die Sitcomwelt flüchtet, versucht sich Allison daraus gerade zu befreien. »Kevin Can F**k Himself« seziert diese Klischees und patriarchalen Strukturen, macht den oft frauenfeindlichen Humor gängiger Formate wie »Kevin Can Wait« und dessen Hauptdarsteller Kevin James deutlich, die nicht ganz zufällig denselben Namen tragen.
Mit Allison McRoberts nun bietet die Serie einen Racheengel an für all die gedemütigten Sitcomgattinnen. Denn als sie herausfindet, dass ihr Gatte das sauer Ersparte auf den Kopf gehauen und sie angelogen hat, beschließt sie, wieder Kontrolle über ihr Leben zu bekommen. Auch wenn das bedeuten sollte, Kevin notfalls mit Gewalt aus dem Verkehr zu ziehen.
Das alles klingt zunächst sehr interessant, läuft dann aber rasch ins Leere, weil sich aus dem ersten Aha-Erlebnis keine weiterreichende Erkenntnis ergibt. Alisons Versuche, sich aus der Ehe und dem Genrekonstrukt zu befreien, erweisen sich als nur leidlich spannend, auch wenn sie Drogendeals mit ruppigen Nachbarinnen umfassen. Ihre Rolle zeigt sich als ausgesprochen undankbar, weil ihr, wie auch dem etwas dünnen Konzept der Serie, kaum Potenzial geboten wird, sich zu entwickeln. Zum grundlegenden Problem aber werden die ständigen Genresprünge, die zunehmend aufgesetzt und redundant wirken, und das Reproduzieren der holzhammerartigen Sitcomsprüche, über die sich anfangs noch etwas bescheidwissermäßig schmunzelnd der Kopf schütteln lässt, die aber bald ebenso nerven wie das, was sie eigentlich persiflieren.
OV-Trailer
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