Kritik zu Judas and the Black Messiah

© Warner Bros. Pictures

Shaka King verfilmt die Geschichte des vom FBI hingerichteten Black Panther-Aktivisten Fred Hampton als Mischung aus Biopic und Undercover-Thriller

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Im Dezember 1969 wurde Fred Hampton mit 21 Jahren in seiner Wohnung von einem Aufgebot der Staatsanwaltschaft, der Polizei und des FBI getötet. Die Beamten gaben mehr als neunzig Schüsse ab, die Gruppe im Apartment feuerte einen. Hampton war innerhalb kürzester Zeit zum Chef der Black Panther Party in Illinois und stellvertretenden Vorsitzenden der Bundesorganisation aufgestiegen: ein charismatischer Redner, Marxist-Leninist, Antifaschist und offenbar ein Pionier der Intersektionalität – es war ihm in Chicago gelungen, eine »Regenbogenkoalition« mit weißen Arbeitern aus dem Süden und Latinos zu schmieden und die Straßengangs zu befrieden. Hamptons Geschichte mit ihren aktuellen Implikationen wäre schon genug Sprengstoff für einen Film gewesen. Aber »Judas and the Black Messiah« kombiniert das Biopic mit einem Undercover-Thriller.

Der Judas des Titels und die eigentliche Hauptfigur ist William O'Neal, ein Autodieb, der vom FBI als Spion bei den Panthers eingeschleust wurde und sich so geschickt anstellte, dass er Hamptons Sicherheitschef wurde. O'Neal versorgte das FBI unter J. Edgar Hoover (angemessen schaurig: Martin Sheen) nicht nur mit Informationen, am Abend des Mordes verabreichte er Hampton ein Schlafmittel – der Aktivist starb wehrlos im Bett, in Anwesenheit seiner schwangeren Freundin Deborah Johnson. Anders als der schwarze Judas, der in der Filmversion des Musicals »Jesus Christ Superstar« den weißen Messias aus politisch-taktischen Erwägungen verrät – »you've begun to matter more than the things you say« –, erscheint O'Neal weltanschaulich als Leerstelle, er ist weniger eine tragische als eine traurige Figur. Und es spricht für LaKeith Stanfield, bekannt als Rapper und Nebendarsteller in »Straight Outta Compton« oder »Selma«, dass er in der Rolle nicht mit Daniel Kaluuyas flamboyantem Hampton konkurriert, sondern den Informanten als Mischung aus Trickster und Opfer anlegt: Seine kleinkriminellen Aktivitäten machen ihn erpressbar, das auf der Straße erworbene Know-how befähigt ihn aber auch zur Undercover-Arbeit.

So wie der Charakter dieses Nichthelden ist der radical chic der Ära heruntergedimmt. Auf die fantasievolle Hippiemode von Spike Lees »BlacKkKlansman« antwortet der von Shaka King (»Newlyweeds«) inszenierte und von Ryan Coogler produzierte Film mit einem pragmatischen Arbeitslook: Die 60er waren eben auch die Zeit von Rollkragenpullovern in Herbstfarben. Getrieben wird die Geschichte von einem jazzigen, pointierten Soundtrack. Und natürlich von Kaluuya, der sich kaum an den historischen Aufnahmen von Hamptons Reden orientiert zu haben scheint, also nicht auf realness aus ist, sondern frei rhapsodiert. Um Kaluuya hat sich in den USA jenseits hymnischer Mainstreamkritiken eine Debatte entzündet. Teile der schwarzen Community, die auf Repräsentanz der von den Sklaven abstammenden schwarzen US-Amerikaner dringen, werfen dem Film die Besetzung der Hauptrolle mit einem Briten vor: Man hätte für ein so prominentes, historisch wichtiges Projekt ein homegrown Talent finden können. Hampton, der sogar mit Redneck-Boys zusammenarbeiten konnte, hätte vielleicht mit den Schultern gezuckt. Und der Judas aus »Jesus Christ Superstar« könnte einwenden, dass es nicht um den Sänger geht, sondern den Song.

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