EZEF: Diese Filme werden gebraucht
»Ballad of a White Cow« (2020). © EZEF
EZEF – Agentur für Filme aus dem Süden bringt seit Jahrzehnten Weltkino zu uns: mit Förderung, als Verleih, als Vermittlerin und in der Bildungsarbeit. Zwei aktuelle EZEF-Filme warten auf die Kino-Öffnung
»Ballad of a White Cow« des iranischen Regieduos Behtash Sanaeeha und Maryam Moghaddam ist ein stilles Drama: Es handelt von einer Frau, die nach der Hinrichtung ihres – schuldlosen, wie sich herausstellt – Mannes Gerechtigkeit sucht. Ein Film, der das Regime im Iran nicht offen angreift, der aber dessen Rückständigkeit und Menschenverachtung bloßstellt. Mit Geld lässt sich ein Mensch nicht wieder lebendig machen. »Ballad of a White Cow« lief im März im Wettbewerb der Online-Berlinale, und die Teilnahme an einem der wichtigsten europäischen Festivals bedeutete einen großen Erfolg für EZEF, »Evangelisches Zentrum für entwicklungsbezogene Filmarbeit«. Denn: Ein Teil der Mittel für die Produktion des Films stammte aus dem Fördertopf von »Brot für die Welt«, einer Institution, die vom EZEF beraten wird. Nach dem Lockdown wird der Film auch in die Kinos kommen.
»Agentur für Filme aus dem Süden« nennt sich EZEF heute, das auf eine fast 40-jährige Geschichte zurückblicken kann: 1982 wurde es als »Fachstelle des Ausschusses für entwicklungsbezogene Bildung und Publizistik gegründet«, seit 1994 ist es dem Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik gGmbH (GEP) zugeordnet, zu dem auch epd Film gehört. Das Kerngeschäft des Zentrums ist die Vermittlung: ein Publikum, gewerblich wie nicht gewerblich, vertraut zu machen mit Filmen aus Regionen, die es schwer haben, bei uns Aufmerksamkeit zu finden, die aber trotzdem mit ihren Anliegen gesehen und gehört werden sollten. »Entwicklungspolitische Bildungsarbeit« – das hört sich vielleicht etwas trocken an, bedeutet aber, dass die Filme mit einordnendem Material begleitet werden und dass man sie bei den Evangelischen Medienzentralen auf DVD und online zum Beispiel für Schulvorführungen ausleihen kann. EZEF stellt auch kürzere und mittellange Filme zu Themen-DVDs zusammen, wie die Kompilation »Afrika_Digital.2«, die vier Filme zum Thema »Start-ups und Künstlerträume« beinhaltet. Wichtige Neuerscheinungen der letzten Zeit waren etwa der kubanische Spielfilm »Santa & Andrés« und der Dokumentarfilm »Yves' Versprechen«, der eine Migrationsgeschichte aus einer ungewöhnlichen Perspektive auffächert.
EZEF berät auch Regisseur:innen und Produzent:innen in Sachen Förderung und schlägt die Projekte für den Fördertopf von »Brot für die Welt« vor. Sicherlich, im Vergleich zu den Summen, die an Filmförderung etwa in Deutschland zur Verfügung stehen, sind es eher überschaubare Zuschüsse. Aber von einer kleinen fehlenden Summe kann ein ganzes Filmprojekt abhängen. Seit 1993 arbeitet diese Förderung, und über 200 Filme, darunter rund 70 Spielfilme, sind mit ihr entstanden. Ein wichtiger geförderter Film war etwa »Der Mann auf dem Quai« (1994), und inszeniert hat ihn der Haitianer Raoul Peck, der an der Berliner Filmhochschule studierte. Peck, der zuletzt den James-Baldwin-Film »I Am Not Your Negro« (2016) und den deutsch-französischen Spielfilm »Der junge Karl Marx« (2017) mit August Diehl drehte und an einem großen Projekt für HBO arbeitet, ist gewissermaßen mit EZEF/»Brot für die Welt« groß geworden. »Raoul Pecks Projekt »Lumumba« stand kurz vor dem Aus«, erzählt EZEF-Geschäftsführer Bernd Wolpert, »das Fördergeld vom NDR hat hinten und vorn nicht gereicht, und durch unsere Mittel konnte er dann entstehen«.
Zu den Perlen der Förderung der letzten Jahre gehört auch die französisch-kongolesische Koproduktion »Félicité« von Alain Gomis, die 2017 ebenfalls auf der Berlinale reüssierte. »Félicité« handelt von einer Sängerin, die Geld auftreiben muss für die Operation ihres Sohnes, vom Kampf ums tägliche Überleben in Afrika. Ende des Jahres 2017 kam »Félicité«, der auf der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde, in unsere Kinos. Beim Kinoeinsatz versucht EZEF die geförderten Filme an Verleihe zu vermitteln und verleiht sie nur dann selbst, wenn sich kein Distributor findet.
Die bildungspolitische Arbeit von EZEF wird auch nach dem – altersbedingten – Ausscheiden von Bernd Wolpert unter dem Dach des GEP weitergehen. Die Filmförderung durch »Brot für die Welt« ist allerdings aus finanziellen Gründen bis Ende dieses Jahres ausgesetzt, schon seit Anfang 2020. Man kann nur hoffen, dass es danach weitergeht. Die Welt braucht solche Filme.
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