Kritik zu Kahlschlag

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2018
Original-Titel: 
Kahlschlag
Filmstart in Deutschland: 
05.03.2020
L: 
97 Min
FSK: 
16

In Max Gleschinskis Debütfilm kommt es zwischen zwei alten Freunden, die sich wegen einer Frau voneinander entfremdeten, zum Showdown

Bewertung: 4
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Das deutsche Independent-Kino lebt! Im letzten Jahr hat Anatol Schuster seine wunderbar anarchische Tragikomödie »Frau Stern« fernab der klassischen Filmförderwege ins Kino gebracht. Jetzt kommt mit »Kahlschlag« eine weitere Indie-Perle, ein Debütfilm voll Neugier und Experimentierfreudigkeit.

Es ist beruhigend, dass sich die Kreativität auch außerhalb der Systeme ihren Weg bahnt. Dass »Kahlschlag« einen Kinostart bekommt, ist das vorläufige Finale einer Erfolgsgeschichte: Da die klassischen Filmfördertöpfe den Autodidakten Max Gleschinski nicht unterstützten, drehte er mit minimalen Mitteln und einem Zuschuss von 10 000 Euro des Kulturfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Ein Herzensprojekt also, das bei den Internationalen Hofer Filmtagen den »Förderpreis Neues Deutsches Kino« gewann.

Die Story klingt klassisch: Zwei Männer, Martin (Florian Bartholomäi) und Eric (Bernhard Conrad), beste Freunde seit Kindertagen und eine Frau, Frenni ­(Maike Johanna Reuter), die erst mit Eric und dann, nach einem Vorfall, mit Martin liiert ist. Die Freundschaft der Männer zerbricht daran. Nach dem Tod seines Zwillingsbruders sucht Eric wieder den Kontakt und wartet penetrant hupend vor der Haustür des alten Kumpels. Es soll an jenen Stausee gehen, an den die beiden von klein auf immer zum Angeln gefahren sind. Widerwillig steigt Martin in den Wagen, und mit dem Zuknallen der Beifahrertür bei Filmminute 22 ist die Exposition beendet, der Filmtitel flackert über die Leinwand.

»What the hell went wrong?«, heißt es in einem Song, der den Film begleitet. Eine Menge, wie wir erfahren werden. Es wird Blut fließen in der Rahmenhandlung im Waldstück am See, deren Tragweite wir nach und nach verstehen. In einer Mischung aus Heimatfilm und Thriller reflektiert »Kahlschlag« über die Geister der Vergangenheit. Die wird in dem fast musikalisch komponierten Film, zu dem Axel Meier einen stimmungsvollen Perkussionscore beisteuert, geschickt hineingesampelt in das Geschehen.

Gleschinski beweist ein Gefühl für die verschiedenen Tonalitäten seines in Rückblenden erzählten Films. Mit liebevollem Blick und Lokalkolorit zeigt er das dörfliche Leben und die leidenschaftlichen Lieben. Da wird in der Badewanne ein Rollenspiel gespielt, bei dem der Fuß des Gegenübers als Telefon fungiert. Zwischendurch darf Feine-Sahne-Fischfilet-Sänger Jan »Monchi« Gorkow in einer sympathischen Nebenrolle ein paar Weisheiten zum Besten geben. Das bekannte Mecklenburg-Original in diesem original mecklenburgischen Film.

Anderseits schleicht sich das leise Grauen durch die Geschichte. ­Gleschinski kommt dabei ohne die oft bemüht wirkende Genre-Attitüde aus. Sicher, der Film ist etwas überkonstruiert; der Bezug zu Romulus und Remus und die lyrischen Anspielungen sind zu viel des Guten, auch die karikaturesk überzeichnete sächsische Familie gegen Ende wirkt fehl am Platz. Doch mit »Kahlschlag« betritt ein DIY-Filmemacher das Parkett, den man im Auge behalten sollte.

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