Kritik zu Birds of Prey: The Emancipation of Harley Quinn
Eine gewisse Harley Quinn: Cathy Yan inszeniert ihren Beitrag zum DC Universe als klassisches B-Picture, in dem die Männer so karikaturesk wie sonst die Russenmafia oder mexikanische Druglords schlicht die Bösewichter abgeben
Es ist einfach geworden, das Ende einer Beziehung zu verkünden. Ein »Status Update« in den sozialen Medien reicht aus. Doch so einfach macht es sich Harley Quinn nicht. Eine Zeit lang hat die ehemalige Psychiaterin ihre Trennung vom Joker geheim gehalten. Aber dann beschließt sie eines Nachts, einen nicht zu übersehenden Schlussstrich zu ziehen, und lässt einen Tanklaster in die Chemiefabrik rasen, in der sie dem Joker einst ihre Liebe mit einem Sprung in ein Säurebad bewiesen hat.
Natürlich ist dieses überaus eindrucksvolle Feuerwerk, das ganz Gotham City bewundern kann, keine gute Idee. Es hat vielmehr etwas Selbstzerstörerisches. Denn nun ist die halbe Stadt hinter dem von Margot Robbie gespielten Harlekin der Anarchie her. Aber letztlich sind die Konsequenzen Nebensache. Was zählt, ist die Geste, und die ist grandios. Um Gesten geht es auch der jungen Regisseurin Cathy Yan.
Yan entwirft zwar kein großes, die Weltgeschichte plünderndes Epos, sie arbeitet sich auch nicht an dem männlichen Blick ab, der das Superhelden-Kino seit Jahrzehnten prägt. Ihr Eintrag ins DC Universe versteht sich im Gegensatz zu so großen Prestigeproduktionen wie »Wonder Woman« oder Marvels »Black Panther« nicht als pädagogisches Statement, das seine (Identitäts-)Politik vor sich herträgt. Er ist vielmehr ein klassisches B-Picture in modernem Gewand. Nichts lenkt von den energiegeladenen Kampfszenen und den ironischen Comedy-Momenten ab, zu denen eine wundervolle Hommage an Marilyn Monroes »Diamonds Are a Girl's Best Friend«-Nummer aus Howard Hawks' »Blondinen bevorzugt« zählt.
Die Geschichte um Harley Quinn, die jugendliche Taschendiebin Cassandra Cain, die späteren »Birds of Prey« und den Bösewicht Roman Sionis klingt zunächst verwickelt. Aber das liegt vor allem an den vielen Figuren, die Yan augenzwinkernde Rückblenden und Perspektivwechsel erlauben. Im Endeffekt lässt sich »Birds of Prey« auf eine ganz einfache Formel bringen: Einer kleinen Gruppe von Frauen reicht es, immer im Schatten der Männer zu stehen. Also emanzipieren sie sich auf möglichst radikale Weise. Die Radikalität, mit der die Regisseurin und ihre Heldinnen dabei vorgehen, verleiht diesem Film, der auf den ersten Blick nicht mehr als ein wüstes Comic-Spektakel ist, eine subversive Kraft, die den großen Superhelden-Filmen längst abhandengekommen ist.
Cathy Yan übernimmt die klassischen Strukturen kleinerer Genreproduktionen: Wo in B-Actionfilmen die Bösewichte meist die anderen, also Mexikaner, Araber oder Russen sind, sind es in »Birds of Prey« schlicht die Männer. Abgesehen von Roman Sionis, den Ewan McGregor mit sichtbarer Lust am Over-Acting als selbstverliebten Möchtegern-Herrscher porträtiert, sind alle Männerfiguren entweder sadistische Schurken oder inkompetente Idioten. Die, die sonst das Sagen haben im Action- und Superhelden-Kino, treten hier als austauschbare Gegner auf, die ausschließlich dafür da sind, von den Heldinnen auf möglichst eindrucksvolle Weise aus dem Weg geräumt zu werden. So entledigt sich Cathy Yan konsequent der herrschenden Verhältnisse, und das mit einer formidablen Nonchalance, die keinerlei Aufhebens davon macht.
Kommentare
Große Enttäuschung
Ehrlich? 4 von 5 Sternen?
Eine belanglose Handlung (die aber eh' nur nebensächlich ist); schrille, überzeichnete Figuren; viel zu viel Gewalt, bei der das "Comedy-hafte" einfach untergeht;...
Ich denke, das konnte mein diesjähriger Flop im Kino gewesen sein.
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