Kritik zu Spider-Man: Far From Home
Der Erfolg ist vorprogrammiert: Der erste Superheldenfilm der Nach-»Endgame«-Ära macht nichts falsch, liefert dafür aber auch nichts Neues
Am besten, man hält sich gar nicht lange auf mit der Frage, ob es dieses Sequel hätte geben müssen. Und auch nicht mit der, wann sie denn nun endlich einsetzt, die von Kritikern seit mindestens zehn Jahren schon herbeigeschriebene »Superheldenermüdung«. Die Datenlage sagt etwas ganz anderes aus, nämlich: Das Publikum ist längst noch nicht satt. In einem Jahr, in dem »Avengers: Endgame« und »Captain Marvel« 2,7 bzw. 1,1 Milliarden Dollar eingespielt haben, bringt es »Spider-Man: Far From Home« nach zwei Wochen schon auf 600 Millionen. Wie heißt es so schön: In Hollywood ist noch niemand daran pleitegegangen, das Bedürfnis nach neuen Ideen unterschätzt zu haben.
Das ist denn auch der erste Eindruck von »Spider-Man: Far From Home«: Wirklich nichts daran ist neu. Was ja so gewollt ist. Der erste Film des »Marvel Cinematic Universe«, der nach den Ereignissen von »Avengers: Endgame« spielt, beginnt passend mit einer Videoclip-Hommage an die im Kampf gegen Thanos und das nun »Blip« genannte Verschwinden der Hälfte der Menschheit gefallenen Superhelden. Ein bisschen seltsam mutet die Montage an, mit ihrer plumpen Musikauswahl und dem amateurhaften Schnitt. Dann begreift man, dass dies eine »Film im Film«-Situation ist. Als Autoren der Videoclip-Hommage nämlich treten die Mitschüler von Spider-Man alias Peter Parker in Erscheinung. Wenn dann noch Peter Parker (Tom Holland) in einem verträumt-fiebrigen Verbalausbruch seinem besten Freund Ned (Jacob Batalon) den Plan offenbart, wie er die bevorstehende Klassenfahrt nach Europa dafür nutzen will, um endlich MJ (Zendaya) seine Gefühle zu gestehen – dann fühlt man sich als geneigter Zuschauer wohlig aufgehoben in diesem Universum und seinem gekonnten Mix aus Selbstironie und Superheldenpathos, aus gekonntem Filmemachen und Fantasy-Unsinn.
Als durchaus gekonnt lässt sich bewundern, wie wenig Handlung mittlerweile ausreicht, um einen ganzen Film zu füllen. Zwar gibt es mit Jake Gyllenhaals Mysterio eine neue Figur, mit ganz eigenen Intrigen, aber so weit die Strecke ist, die Parker und seine Schulfreunde diesmal auf ihrer Europaschulexkursion zurücklegen, so wenig von Belang ist das, was sich währenddessen ereignet. Die Chance, aus den Widersprüchen des »Endgame«-Plots neue Konflikte zu entwickeln, lässt »Far From Home« bis auf ein paar Seitengags ungenutzt verstreichen. Stattdessen tut sich Parker wieder mal schwer mit der Verantwortung, die das Superhelden-Dasein so mit sich bringt; trotzdem müssen CGI-Monster erledigt werden.
Es ist alles fast ein wenig zu drollig. Und je länger es dauert, desto mehr fallen auch die weniger gekonnten Aspekte ins Auge. Etwa die einfallslosen Action-Sequenzen mit einer von bösen Mächten kontrollierten Drohnenarmee. Oder das gefühlt endlose Hin und Her zwischen einem im Romantischen ausgesprochen unsicher agierenden Parker und seiner MJ, die zwar das Modell »starkes Girl« vertreten darf, aber dennoch kaum Chancen bekommt, wirklich Charakter zu zeigen. Das folgenreichste Ereignis findet diesmal übrigens in den Endcredits statt, aber ob es sich lohnt, dafür sitzen zu bleiben?
Kommentare
Der Spinnenmann
Das ist die Mutter aller Spider-Man Filme. Wegen des ungeheuren Erfolges hat Regisseur Sam Raimi noch zwei weitere gedreht. Anders als Superman, der ja auch durch die Luft fliegt hangelt sich der Spinnenmann Peter (Tobey Maguire) an klebrigen, dünnen Fäden durch New York und bringt seine Gegner damit zu Fall oder macht sie kampfunfähig. Es wurde ein Klassiker!
Peter wird vom gemobbten Außenseiter zum Superhelden, der auch bei Mary Jane (Kirsten Dunst) seiner großen Liebe Eindruck macht. Um die bemüht sich aber auch sein Freund Harry Osborn (James Franco). Dessen Vater Norman (Willem Dafoe) erscheint als gespaltene Persönlichkeit wie weiland Jekyll und Mr. Hyde. Er wurde durch einen Selbstversuch so und ist außer ein netter Vater auch noch der ‘Grüne Kobold‘ (Green Goblin). Mit ihm kämpft Spider-Man auf Leben und Tod mit vorhersehbarem Ausgang. Die Maske des Grünen Kobolds ist dem scharfkantigen Gesicht von Willem Dafoe gut nachempfunden.
Neben den atemberaubenden, digitalen Stunts findet das Drehbuch noch ein philosophisches Ende: der abgewiesene Harry Osborn schwört seinem Freund Peter frustriert Rache ‘Das wird dich noch teuer zu stehen kommen!‘ Stimmt. Peter muss seine Spinnenmann- Identität wahren und kann in Zukunft nur Mary Janes Freund bleiben. Mehr nicht, obwohl sie sich doch sooooo liebhaben. Der Schluss passt zur Titelfigur. Spider-Man hilft und beschützt und muss anonym bleiben. Drum küsst Mary Jane auch Spider-Man auf den Mund, während er Kopf nach unten hängt, quasi verkehrt herum. Kein echter Liebeskuss. Aber dafür kann der Spinnenmann ja viele andere Dinge…
Spinnen spinnen Netze
Ermahnung an die Kulturschaffenden, Kulturverteiler und Kulturkonsumenten : Die hervorragende Eigenschaft des Kulturbetriebes in unserem Land und übrigens auf der ganzen Welt ist die Beförderung der Spekulation sowohl in monetärer wie geistiger Hinsicht, um so einen revolutionären Wandel unsrer tatsächlich mörderischen Kultur zu einer Kultur der verantwortungsbewussten Mitmenschlichkeit allseits zu behindern.
Dieser Film ist ein sehr gutes Beipsiel dafür, dass die moderne Kultur eine mit leeren Bedeutungsblasen aufgeblähten Industrie ist, die (a) Profite generieren soll und (b) von der tristen Wahrheit ablenken soll. Offenbar gibt es viele Menschen, die Geld daür zahlen, sich solche Filme und andere 'Kulturprodukte' anzuschauen. Diese werden die Welt sicher nicht retten, sie beteiligen sich an ihrere Vernichtung.
Drei Kreuze für den Film. †††
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