Kritik zu Von Bienen und Blumen
Die gestressten Großstädter sehnen sich nach Nachhaltigkeit, gutem Kochen und sinnvoller Handarbeit: Lola Randl dokumentiert ein Selbstexperiment am »postkapitalistischen Individuum«
»Vielleicht, ums kurz zu machen: Es geht so um den Sinn«, leiert da einmal jemand halb ernst. Tja, was soll man sagen? Genau darum geht es, grob gesagt, in Lola Randls Film »Von Bienen und Blumen«: Um den (Un-)Sinn des Lebens, mit dem sich das – Achtung, diese Worte werden häufig fallen: »postkapitalistische Individuum« konfrontiert sieht. Im Duktus der Soziologiedoktorandin, die das Geschehen am Laptop sitzend in theoretischen Kommentaren reflektiert: »Sinnsuche des postkapitalistischen Individuums am Fallbeispiel des Wiederaufbaus einer alten Gärtnerei. Genauer: Am Fallbeispiel der Wunschvorstellung eines zugezogenen Paares.«
Noch genauer: Am Beispiel von Randl selbst, die mit Kind und Kegel, mit Philipp, dem Vater ihrer Kinder, und Bernd, drittes Rad am Beziehungswagen, vom Berliner Trubel in die Uckermark flieht und dort eine alte Gärtnerei kauft. Es ist ein stereotyper Topos unserer Zeit, den Randl amüsant und leichtfüßig im Selbstversuch durch den Kakao zieht: vom getriebenen Städter, der sich nach Nachhaltigkeit, Handarbeit und nach Entschleunigung sehnt. Und nach »Leftover Cooking«, bei dem alles Selbstproduzierte restlos verwertet werden soll.
Randls Kamera beobachtet ihre beiden Männer und die Freundinnen, die in verschiedenen Konstellationen durch den Garten turnen. Die Dorfbewohner sind ebenso integriert, geben Ratschläge zur Gärtnerei und zum Handwerk oder quatschen auf Randls Fragen hin über die Soap »Rote Rosen«. Mit ihrem empathischen Blick überwindet Randl die aktuell heiß diskutierte Kluft zwischen »Städtern« und »Dörflern«.
Die Städter pflügen den Acker so unbeholfen, dass es einem Bauern die Haare zu Berge stehen lässt, sie ziehen eine Bienenzucht hoch, inklusive Fehlversuchen. Gegen Ende bekommt das dicke Schwein Nachwuchs und die Ziege kaut einen Obstbaum an, der dann verarztet werden muss. Mit der Musik, die das Treiben wie augenzwinkernd begleitet, mit den Neurosen der Großstädter, fühlt sich der Film in den besten Momenten an wie eine deutsche Dokumentarfilmantwort auf Noah Baumbach.
Wobei Dokumentarfilm es eigentlich nicht wirklich trifft, Randl selbst spricht von Autofiktionalität. Es ist nicht klar, was Fiktion ist und was »Wahrheit«. »Von Bienen und Blumen« ist eher ein assoziatives Experiment, in dem Randl den Zeitgeist und auch ihr Medium selbst reflektiert. »Ich wollte noch ein paar Pflanzen filmen« erklärt die Filmemacherin, während sie das Bild scharf zieht. Durch den Experimentcharakter fehlt es dem Film allerdings an Dringlichkeit. Er ist zu wenig bissig, um als Kulturkritik durchzugehen, tritt oft auf der Stelle und driftet später noch in einen recht schnöden selbstpsychologischen Modus ab, wenn Randl sich stärker auf die polyamouröse Beziehung zu Philipp und Bernd konzentriert.
Aber es passt auch zu diesem ironischen Film, dass er mit seiner Genügsamkeit selbst zum Teil eben jenes postkapitalistischen Systems wird. Eine Flucht ist zwecklos, gegen Ende mampfen alle Döner von der Bude.
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