Kritik zu Am Strand
Der Theaterregisseur Dominic Cooke hat Ian McEwans Roman über eine in der Hochzeitsnacht scheiternde Ehe verfilmt. In den Hauptrollen: Saoirse Ronan und der Newcomer Billy Howle
Bereits der Titel dieses Films, nach Ian McEwans gleichnamigem Roman, treibt ein schönes Spiel mit Erwartungen: »Am Strand«, da denkt man an Harmonie, Sonne, Sand und glitzerndes Meer. Tatsächlich aber ist der Strand des Films steinig und der Himmel so grau wie die See. Eine ähnliche Kluft zwischen romantischer Vorstellung und Realität gibt es auch bei dem frisch getrauten Ehepaar Florence und Edward. Am Strand wird sie sich zu einem unüberwindbaren Abgrund weiten.
Man schreibt das Jahr 1962. Florence und Edward sind für ihre Hochzeitsnacht in einem Hotel am Meer abgestiegen. Die beiden lieben sich sehr, und in gewisser Weise hat ihre Ehe sogar etwas Progressives, denn sie überwindet Klassenschranken: Die Violinistin Florence (Saoirse Ronan) stammt aus einer distinguierten Unternehmerfamilie, der Historiker Edward (der sensationelle Newcomer Billy Howle) aus kleinbürgerlichem Milieu. Nun aber sitzen sie verkrampft im Hotelzimmer und versuchen, den Erwartungen gerecht zu werden. Um es kurz zu machen: Der eheliche »Vollzug« geht in jeder Hinsicht daneben und mündet in Florences Bekenntnis, an Sex kein Interesse zu haben (der Grund bleibt angedeutet). Sie liebe Edward jedoch über alles, weshalb er seine Lust durch Affären stillen dürfe – alles, damit sie zusammenbleiben können. Auch hier erweist Florence sich als ihrer Zeit weit voraus. Edward aber fühlt sich verletzt, brüskiert, betrogen. Es kommt zur Trennung, die beiden sehen sich nie wieder.
Die »Gegenwart« der desaströsen Hochzeitsnacht kontrastiert der Film mit Rückblenden zu den Anfängen der Beziehung. Zugleich skizziert er in den Flashbacks die Lebensumstände der beiden, bettet die aufkeimende Liebe in familiäre Strukturen, das Studentenleben und die politische Stimmung zwischen Kaltem Krieg und früher Friedensbewegung. So wird »Am Strand« auch zum Sittenbild einer Ära zwischen Nachkriegsboom und den allmählich sich andeutenden Revolten der späten Sechziger.
Die entscheidende Stärke liegt dabei im Inszenierungsstil Dominic Cookes, der vom Theater kommt und hier ein beeindruckendes Kinodebüt gibt. Dank seiner unaufgeregten Idee von Dramatik, seiner meisterhaften Schauspielerführung und seinem Gespür für Intimität und Romantik bekommen selbst die klischeegefährdeten Details der Geschichte (die sexuelle Ungeschicktheit, die arrogante Schwiegermutter) eine große Stimmigkeit. Die Vielschichtigkeit von »Am Strand« zeigt sich denn auch in den beiläufigen Dingen. In Edwards Mutter etwa, die als geistig verwirrt gilt, tatsächlich aber ungemein freigeistig wirkt, wie eine Vorbotin der Hippie-Ära; oder in der Erkenntnis, dass Florence in einer späteren Ehe Kinder bekam, sich also trotz ihres Traumas den Erwartungen beugte. Es sind diese kleinen Erschütterungen, von Ronan und Howle mit seismografischem Gespür in Blicke und Gesten übersetzt, die »Am Strand« so bewegend machen. Die Chronologie einer großen, vitalen, an Tabus und törichtem Stolz zerbrechenden Liebe. Fest in einer Zeit verankert, aber in der Wahrhaftigkeit zeitlos.
Kommentare
Großartiger Film
Ich habe einen solchen Film noch nie gesehen. Wie hier die Geschichte zweier Menschen aufgerollt wird, ihre Liebe, ihre Sprachlosigkeit, ihre Enttäuschung und Verzweiflung über die Nichterfüllung ihrer Liebe, ist künstlerisch ganz grandios. Die Schlussszene brennt sich ins Gedächtnis. 5 Sterne!
Kritik am Fil: "Am Strand"
Anfangs langatmig, an Klamotten aus den siebziger Jahren erinnernd, über die sexuelle Verklemmtheit der damaligen Zeit, klischeebehaftet. Dann wird's interessant und Edward bekommt eine absolut unerwartete tragische Größe, bedingt durch die Zwielichtigkeit seiner großen Liebe.
Großartige, passende Naturaufnahmen und Kameraeinstellungen,
insbesondere die in der letzten Szene im Konzertsaal.
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