Kritik zu Therapie für Gangster
Vom alltäglichen Kampf gegen den Suchtdruck: Sobo Swobodnik geht in seinem neuen Dokumentarfilm dem Umgang mit Süchtigen im Strafvollzug nach
Dokumentarfilme über Menschen hinter Gittern sind oftmals eine Herausforderung. Sobo Swobodniks »Therapie für Gangster« macht da keine Ausnahme. Der Regisseur porträtiert neun Suchtkranke im Maßregelvollzug. Sie können ihre Drogenabhängigkeit, die sie kriminell werden ließ, therapeutisch behandeln lassen. Einige der verurteilten Dealer scheinen die Chance zu nutzen. Andere erblicken im Reden keinen Sinn. »Ich komme mit Suchtdruck in die Therapiesitzung und habe Suchtdruck am Ende des Gesprächs«, klagt der 33-jährige Slawa: »Reden? – Daran glaube ich nicht.«
Diese Ausweglosigkeit überträgt sich auf den Kinobetrachter. Es dauert eine Weile, bis sich eine gewisse Nähe zu diesen gebrochenen Männern einstellt. Nur bruchstückhaft erschließen sich ihre Geschichten. Das liegt am hallenden, schwer verständlichen O-Ton und auch daran, dass die Häftlinge mehrheitlich keine »native speaker« sind. Einer der Insassen, der Libanese Ali, macht Gangsta-Rap. Doch seine Verse sind in der typischen Kauderwelsch-Litanei gefangen. Die defizitäre Gossensprache der Suchtkranken nährt den Verdacht, dass sie mit Worten nicht erreichbar sind.
Intensität entsteht daher erst durch sprachlose Stimmungsbilder. Sich öffnende und schließende Zellentüren. Ein Aschenbecher mit einer brennenden Zigarette. Natürlich schwitzen und stöhnen die Delinquenten an den Trainingsgeräten, mit denen sie ihre Muskeln aufpumpen. In der schönsten Szene backt einer der Häftlinge eine Geburtstagstorte. Es folgt ein brutal dissonantes »Happy birthday to you« der Gruppe. Für einen Moment sind die schweren Jungs als emotionale Wesen greifbar.
Der produktive Schriftsteller und Dokumentarist Sobo Swobodnik dreht unterschiedliche Filme. »Silentium – Vom Leben im Kloster «zählt zu schönsten Betrachtungen über das Klosterleben überhaupt. »6 Jahre, 7 Monate und 16 Tage« war dagegen ein sehr sperriger Versuch über die NSU-Morde. In »Therapie für Gangster« kann man spüren, dass Swobodnik beobachten kann. Seine puristischen Betrachtungen suchtkranker Gangster sind eine Herausforderung, im positiven Sinn.
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