Kritik zu Luca tanzt leise

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Kann das Leben gelingen, wenn man versucht, ganz leise zu tanzen? Luca ­jedenfalls will keine lauten Bewegungen mehr. Wie das aussieht, davon handelt der neue Film von Philipp Eichholtz (»Liebe mich!«)

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Das Leben ist nicht fair. So simpel und abgedroschen der Satz klingt, so vielfältig ist seine Umsetzung. Luca (Martina Schöne-Radunski), Mitte zwanzig und bislang eher auf Partys und Entspannung aus, hat in ihrem Leben Fuß gefasst. Sie hat die dunkle Phase überwunden, Drogen, Nachtleben und einen immer wieder gewalttätigen Freund hinter sich gelassen. Selbst wenn alle drei immer wieder bei ihr anklopfen, bleibt sie standhaft. Denn sie hat jetzt einen Hund, um den sie sich kümmern muss, sie geht zur Schule, um auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur nachzuholen, und sie hat ein neues Ziel. Tierärztin will sie werden oder doch zumindest Tierarzthelferin. Allerdings stehen ihr da nicht nur ihre mangelnden Kenntnisse in Mathematik im Weg, sondern auch die Englischlehrerin, die sie hart rannimmt, nicht zuletzt weil sie ihre Mutter ist. Und dann macht Luca einen falschen Schritt, und der Abgrund tut sich erneut drohend vor ihr auf.

Philipp Eichholtz stellt mit seinem neuen Film die Frage nach dem selbstbestimmten Leben. In dem großen Raum der Freiheit ist genug Platz für Fehlentscheidungen und die so oft beschworene Eigenverantwortlichkeit dann immer auch eine Frage der Kraft. »Luca tanzt leise«, diese auf den ersten Blick schiefe sprachliche Figur erschließt sich, wenn man sie auf die Bewegungen überträgt, die Luca vollzieht. Keine großen Gesten mehr, kein lautes, auftrumpfendes »Ich will«, sondern die unauffällige Geradlinigkeit ist es, für die Luca sich entscheidet und mit der sie in den Kreisen, in denen das als spießig gilt, immer wieder Probleme bekommt. Denn die Vergangenheit ist nie wirklich vergangen. Aber Luca hat auch einen wahren Freund: den Automechaniker, der in der Schule neben ihr sitzt, kein Englisch, dafür aber Mathe kann und in seiner Freizeit Oldtimer restauriert. Er ist ganz uneigennützig für Luca da, als ihre Szenevergangenheit sie überrollt und es zu einem tragischen Zwischenfall kommt. Da sieht man dann konkret, wie schwierig es ist, leise zu tanzen.

»Luca tanzt leise« ist ein Film, der am Rande der German Mumblecore-Bewegung zuzurechnen ist, was nicht nur daran liegt, dass Axel Ranischs Oma Ruth Bickelhaupt (»Dicke Mädchen«) hier mitspielt oder Tom Lass in einer kleinen Nebenrolle zu sehen ist. Viele Teile basieren auf Improvisationen von Laien, die, wie die Tierärztin, sich selber spielen. Doch der Charakter freier Improvisation ist nicht vordergründig. Die Szenen sind präzise, der Ton ist perfekt, und dem Schnitt sieht man Philipp Eichholtz' Ausbildung als Cutter an. Und doch bezieht der Film einen Teil seiner Wahrhaftigkeit aus der Mumblecore-Tradition. Dokumentarische Elemente und Improvisation wirken gegen die Schwerfälligkeit des »ernsten Filmemachens«. Nach dem amerikanischen Vorbild eröffnet die Reduktion die Möglichkeit, einen Schritt weiter zu gehen. Mehr noch als »ausgeschriebene« Filme entstehen Werke wie »Luca tanzt leise« im Schnitt. Und der ist hier meisterlich: Markus Morkötter zeichnet dafür verantwortlich.

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