Hitler ging leer aus, der Nazijäger gewann: die Deutschen Filmpreise
Foto: © Michael Tinnefeld
Bei der Verleihung der Lolas am 27.5. räumte »Der Staat gegen Fritz Bauer« ab
Dass »Der Staat gegen Fritz Bauer« eine Lola als bester Film gewinnen würde, galt, obwohl die Auszeichnungen der Deutschen Filmakademie bis zur Übergabe streng geheim bleiben, als gewissermaßen ausgemacht. Lars Kraumes Film, sicherlich einer der besten des letzten Jahres, ist ein distanzierter Verschwörungsthriller um den hessischen Generalstaatsanwalt und um die dunklen fünfziger Jahre, in denen die Schergen von einst noch die Verfolgung der NS-Verbrecher behindern können. Neunmal war der Film nominiert, sechs Lolas hat der Film am Ende bei der Verleihung der Deutschen Filmpreise am 27.5. gewonnen – und alle drei »Königskategorien«: als bester Film (Lola in Gold), für die beste Regie (Lars Kraume) und das beste Drehbuch (Lars Kraume und Oliver Guez).
Es passte zum Durchmarsch des Gewinnerfilms, dass die Verleihung durchaus politische Töne anschlug. »Ausländer- und islamfeindliches Gedankengut ist mittlerweile Parteiprogramm geworden«, sagte die Präsidentin der Deutschen Filmakademie, die Schauspielerin Iris Berben, in ihrer Eröffnungsrede. Und sie fügte an: »Aber wir dürfen als Künstler nicht verstummen, wir müssen handeln«. Der Schauspieler Milan Peschel, Laudator für die Kategorie bestes Kostümbild, kam in einer SA-Uniform hereinmarschiert, spielte darauf an, dass Hitler im deutschen Film doch immer gut geht – und entkleidete sich Stück für Stück. Und dann dachte er darüber nach, ob er die Uniform verkaufen oder mit ihr wandern gehen sollte, »in einer der vielen schönen Gegenden Deutschlands«. Und Elias M'Barek der die Auszeichnung für »Fack ju Göhte 2« als publikumsstärkster Film des Jahres in Vertretung des Regisseurs Bora Dagtekin (»der Regisseur macht gerade sein Abitur nach«) entgennahm, sagte, dass die Zuschauer bei den nächsten Wahlen bedenken sollten, dass dieser Film ohne die Beteiligung ausländischstämmiger Menschen nicht zustande gekommen wäre.
Und dennoch: als ein Votum für ein irgendwie politisch orientiertes deutsches Kino wird man den mit weit über drei Stunden überlangen Abend im Palais am Funkturm nicht interpretieren können. Denn der große Verlierer des Abends war ausgerechnet die Romanverfilmung »Er ist wieder da«. David Wnendt fand für den Roman von Timur Vermes um einen wiederauferstandenen Adolf Hitler einen originellen Kniff: Er lässt seinen Hitler auf die Leute los, fährt mit ihm durch Deutschland, zeigt die Reaktionen der Menschen, die auch mal die rechte Hand hochheben oder ein Selfie mit dem »Führer« wollen, in semidokumentarischen Szenen. Es sind gespenstische Aufnahmen, gerade aus der Perspektive der jüngsten Wahlen, wenn Wnendt zeigt, wie der »Führer« ernstgenommen wird und als Katalysator wirkt für ausländerfeindliche Sprüche und demokratiefeindliche Parolen. Fünfmal war der Film nominiert – am Ende ging er dann doch ganz leer aus. Dazu passt auch, dass ein weiterer Film über die deutsche Vergangenheit, Maria Schraders meisterhafter »Vor der Morgenröte« über die letzten Jahre des Schriftstellers Stefan Zweig im Exil gar nicht erst als bester Film nominiert wurde und in seinen beiden Nominierungen (beste Regie und beste Nebendarstellerin, Barbara Sukowa) auch nicht gewann.
Der Laudator Detlef Buck hat in seiner wie immer improvisierten Rede von den Siegern als »Konsensfilmen« gesprochen. Was natürlich auch eine Anspielung auf die Praxis der Vergabe der Lolas ist, über die alle 1700 Mitglieder der Akademie abstimmen. Viele interessante Filme haben es nicht einmal zu den Nominierungen geschafft, Adolf Winkelmanns »Junges Licht« über die 50er Jahre im Ruhgebiet etwa, oder der mehrdeutige Teeniehorrorfilm »Der Nachtmahr«. Und dennoch: Es gab auch Überraschungen bei den diesjährigen Vergaben. Am härtesten dürfte es den Schauspieler Burghart Klaußner getroffen haben, der Fritz Bauer bravourös verkörpert. Ausgezeichnet für die beste männliche Hauptrolle wurde allerdings Peter Kurth, der in »Herbert«, allerdings ebenso bravourös, einen an ALS erkrankten Ex-Boxer und Geldeintreiber spielt. Überhaupt war »Herbert« mit drei Lolas so etwas wie der heimliche Sieger des Abends, er gewann noch den Preis für das beste Maskenbild (Hanna Hackbeil) und, immerhin, eine Lola in Silber für den besten Spielfilm. Und dass die Lola in Bronze für den besten Spielfilm an einen weiteren »kleinen« Film, an »4 Könige« von Theresa von Eltz, ging, damit hat wahrscheinlich auch niemand gerechnet.
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