Kritik zu The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro
Der zweite Teil des Spinnenmann-Reboots verwebt verschiedene Comicgeschichten der 60er Jahre zu einem dichten Plot, in dem wenig Zeit für die Charakterisierung der Comicfiguren bleibt
Während sich ein erwachsener Spider-Man in den Marvel-Comics längst den New Avengers angeschlossen und seine Geheimidentität aufgegeben hat, um im großen Stil mit dem Schicksal der Welt zu jonglieren, ist er im Kino immer noch als anonymer Teenager mit geheimer Superheldenidentität unterwegs. Anders als seine weltmännischen Superkollegen Captain America oder Iron Man wird der stets hilfsbereite Goldjunge Peter Parker am Altern gehindert. Das von Sam Raimi, dem Regisseur der Spider-Man-Trilogie, mit Tobey Maguire (2002–2007) geplante Erwachsenwerden des sympathischen Helden in einem vierten Film wurde seiner Zeit von der Produktionsfirma abgelehnt. Raimi nahm enttäuscht seinen Hut. Stattdessen folgte unter der Regie von Marc Webb mit The Amazing Spider-Man (2012) ein verfrühtes Reboot, das Parker (nun dargestellt von dem schlacksigen Andrew Garfield) in die Pubertät zurückkatapultierte.
Die Superschurken, mit denen sich der Wandkletterer herumschlagen muss, stammen aus den Heften der ersten Comicserie »The Amazing Spider-Man«. Mit Electro, dem menschlichen Dynamo aus Heft 9 (Februar 1964), dem Sohn des grünen Kobolds aus Heft 31 (Dezember 1965) und dem Kraftprotz Rhino aus Heft 41 (Oktober 1966) sind nun drei weitere, von Marvel-Schöpfer Stan Lee und Zeichner Steve Ditko erschaffene, Bösewichte an der Reihe. Ihr Erscheinungsbild im neuen Film orientiert sich jedoch an modernen Reinkarnationen dieser Fieslinge aus aktuellen Heftreihen wie »Ultimate Spider-Man« (2000).
Was Spider-Man als Identifikationsfigur noch heute so wirkungsvoll macht, sind die völlig normalen Probleme, mit denen sich der scheinbar gewöhnliche Teenager Peter im Alltag herumschlagen muss. Peter macht endlich seinen Schulabschluss und seine Freundin Gwen Stacy (Emma Stone) trennt sich von ihm. Denn der gute Waisenjunge fühlt sich aufgrund seiner übermenschlichen Fähigkeiten verpflichtet, seine Heimatstadt New York vor besagten Schurken zu schützen. »Aus großer Kraft folgt große Verantwortung«, dieser weise Spruch seines verstorbenen Onkels Ben spukt schon seit der ersten Verfilmung in Peters Kopf umher. Das ist nicht gut für die Beziehung.
The Amazing Spider-Man 2 – Rise of Electro verwebt die verschiedenen Geschichten der Comics zu einem dichten Plot. Doch selbst bei einer Laufzeit von 140 Minuten bleibt für die Charakterisierung der mit Jamie Foxx, Dane DeHaan und Paul Giamatti hochkarätig besetzten Supergegner wenig Zeit. Zu nebensächlich wird im Finale auch noch eine zentrale Figur des Spider-Man-Universums getötet. Dieser Schicksalsschlag aus Heft 121 (Juni 1973) wurde zum Wendepunkt in der Comicgeschichte und hätte etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. In der tricktechnischen Umsetzung der artistischen Kämpfe des Spinnenmanns zwischen den Wolkenkratzern Manhattans entfaltet der Film jedoch genau die ästhetische Wucht, die man aus den Comicvorlagen kennt.
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