Interview: Christian Friedel über »The White Lotus«
Christian Friedel in »The White Lotus« (Staffel 3, 2025). © HBO
Christian Friedel, geboren am 9. März 1979 in Magdeburg, ist Schauspieler. Eine erste größere Rolle hatte er 2009 in Michael Hanekes »Das weiße Band« als Dorflehrer. Es folgten Rollen in »Russendisko«, »Ende der Schonzeit« und »Amour Fou«. 2015 spielte er den Hitler-Attentäter Georg »Elser«. In der Serie »Babylon Berlin« ist er als Polizeifotograf dabei. Internationale Aufmerksamkeit erregte er als Rudolf Höß in »The Zone of Interest«. Friedel tritt im Theater auf und singt in der Band »Woods of Birnam«. Am 9. Mai moderiert er die Verleihung des Deutschen Filmpreises
Dreharbeiten auf Koh Samui und Phuket in Thailand, am Strand unter Palmen. Das klingt nach einem ziemlichen Traumjob.
Christian Friedel: Ich habe das sehr genossen. Anfangs war es eine seltsame Mischung aus Urlaub und Arbeit. Wir waren im »Four Seasons« auf Koh Samui eine Zeit lang die einzigen Gäste und saßen allein an diesem großen Pool und dem wunderschönen Strand. Das war der Oberhammer.
Sie spielen in dieser Staffel von »The White Lotus« den Hotelmanager Fabian. In den ersten Staffeln waren die Manager exzentrische Figuren. Sie spielen die Rolle zurückhaltend. Wollten Sie sich von den Vorgängern abgrenzen?
Dieser Hotelmanager ist eine skurrile Figur, die im Verlauf der Staffel noch etwas skurriler wird. Aber der Mensch dahinter muss glaubhaft bleiben. Fabian sucht seine innere Mitte und ist deswegen ins Ausland gegangen. Man merkt, dass er diese Mitte noch nicht gefunden hat. Dieses Spannungsverhältnis fand ich toll. Er ist keine Hauptfigur wie die anderen Hotelmanager in den ersten Staffeln, eher eine kleine, feine Nebenfigur. Aber [der Creator] Mike White hat es geschafft, dass jeder in diesem riesigen Ensemble sichtbar wird. Der Serienkosmos baut sich langsam auf, dann aber so intensiv, dass man alle Figuren im Kopf hat. Das ist Magie!
Wie war die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Kolleg*innen?
Da waren method actors dabei, bei denen Rolle und Person verschwimmen zu scheinen. Parker Posey hat mir sofort Tabletten gegeben, als ich Rückenschmerzen hatte – ihre Figur ist auch ständig mit Pillen beschäftigt. Aimee Lou Wood hat mir die Sterne gelesen – ihre Rolle hat auch eine esoterische Seite. Ich dachte: Sind sie vielleicht wirklich so?
Hat Sie jemand besonders beeindruckt?
Ich bin großer Fan von Carrie Coon. Wenn ich mir die Folgen anschaue, nachdem ich sie kennenlernen durfte, ziehe ich noch mehr den Hut vor ihr. Walton Goggins ist ein fantastischer Schauspieler. Er hat sich oft der Gruppe entzogen, weil er eine intensive Storyline hat und sich diesen Raum nehmen wollte. Bei anderen war der Übergang ins Spiel fast fließend, scheinbar ohne Mühe. Das fand ich beeindruckend.
Sie haben schon vor »The White Lotus« in einer großen Serie mitgespielt, »Babylon Berlin«. Gab es einen Unterschied zwischen den Produktionen?
Ich drehe gerade die finale Staffel von »Babylon Berlin«. Das Personal ist um die Hälfte weniger und das Budget geringer, aber das Produktionsniveau ist ähnlich hoch.
In »The White Lotus« geht es um reiche Menschen, die in einem Luxusresort Urlaub machen. Aber sie scheinen sich nie richtig zu erholen, weil sie ihre Neurosen und Konflikte mitbringen. Warum macht es Spaß, Reichen beim Durchdrehen zuzuschauen?
Weil man merkt, dass diese Leute nicht besser dran sind, nur weil sie Geld haben. In der Staffel tauchen drei Frauen auf, die dorthin in den Urlaub fahren und das Gefühl vermitteln, sie seien die besten Freundinnen. Irgendwann merkt man, wie sie ständig übereinander lästern. Das kennen wir ja irgendwie alle, und es passiert eben auch den Reichen und Schönen. Vielleicht befriedigt das in gewisser Weise.
Sie haben in »The Zone of Interest« den KZ-Kommandanten Rudolf Höß gespielt. Wie unterscheidet sich für Sie die Vorbereitung auf schwere historische Rollen zu leichteren wie in »The White Lotus«?
Die Verantwortung ist eine andere. In »The White Lotus« spiele ich eine schöne Nebenrolle in diesem bunten Kosmos. Ich hatte Respekt, weil Mike White bekannt dafür ist, dass er improvisieren lässt. Ich dachte: Du schreibst so geniale, pointierte Bücher, muss ich wirklich improvisieren! Leider ist das selten besser als das, was er geschrieben hat. Mich hat an der Figur etwas angesprochen, das ich gerne beim Spielen herausfinden wollte. Ich hatte große Lust, mich in die Rolle zu stürzen. Das war eine gegenteilige Herangehensweise als bei »The Zone of Interest«.
Liegen Ihnen eher ernste oder heitere Rollen?
Ich werde oft in introvertierten, geheimnisvollen Rollen besetzt. Aber ich glaube, diese komödiantischen Rollen liegen mir auch. Ich freue mich, dass ich gerade nach »The Zone of Interest« in einer so komischen Serie dabei sein darf. Vielleicht kommen danach noch mehr komödiantische Rollen, aber nur Komödien zu spielen, wäre mir zu einseitig.
Klopft Hollywood in letzter Zeit öfter mal an?
Es gab schon ein paar Castings für Hollywood-Produktionen. Da ist man allerdings eine Option von vielen. Aber es gibt eine Neugier, was wir alle bei »The White Lotus« machen. Natürlich gab es auch schon Rollenangebote für weitere Filme im Dritten Reich, das habe ich aber alles abgesagt, da auch die finale Staffel von »Babylon Berlin« kurz vor der Machtergreifung der Nazis spielt.
Wenn Sie in einem Hotel sind, was darf auf gar keinen Fall fehlen, damit Sie sich wohlfühlen?
Ich liebe Pools. Dann ein gemütliches Bett. Und individuelles Frühstück.
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