Es ist hektischer

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Foto: © Berlinale 2013

Ein Interview mit Beki Probst über die Entwicklung eines professionellen Kernstücks der Berlinale, des European Film Market (EFM)

epd Film: Was ist überhaupt ein Filmmarkt? Was wird da verkauft?
Beki Probst: Ein Filmmarkt funktioniert wie andere Märkte auch, auf denen Menschen ihre Produkte anbieten. Es ist das gleiche Prinzip: Filme werden gemacht und müssen unter die Leute gebracht werden, in die Kinos, ins Fernsehen, auf DVDs...

Stimmt es, dass heutzutage immer weniger »fertige« Filme gehandelt werden?
Dann hätten wir nicht 39 Kinos mit insgesamt über 1000 Vorführungen auf dem Filmmarkt. Es ist alles eine Frage des Timings. Tatsächlich sind manche Filme für Februar noch nicht ganz fertig, werden aber in Ausschnitten schon Verleihern vorgestellt. Dann gibt es natürlich auch Produzenten und Filmemacher, die mit Drehbüchern nach Berlin kommen, um potenzielle Investoren zu finden. Für mich ist es ein Rad, das sich fortwährend dreht.

Sie leiten den EFM seit 26 Jahren. Seine Geschichte ist eine Chronik des Erfolgs, oder?
Ja, aber natürlich darf man sich keinesfalls auf den Lorbeeren ausruhen. Es ist jedes Jahr eine neue Herausforderung. Das Filmbusiness ist ein besonders wechselhaftes Geschäft. Quantität, also allein die Zahl der Aussteller, ist nicht immer Qualität. Erfolg ist für uns auch, wenn die Leute hier einfach zufrieden damit sind, dass sie ihr Business erledigen konnten.

Was sind die Trends der letzten Jahre?
In den letzten Jahren bemerken wir ein zunehmendes Interesse aus Asien. Auf dem Festival waren asiatische Filme immer präsent, auf dem Markt weniger. Das hat sich nun geändert. Auch aus Südamerika kommen immer mehr Leute – die Welt vergrößert sich. Osteuropa kommt zurück. In der Zeit nach der Wende ist es still geworden in dieser Region, alles wurde umstrukturiert, die staatlichen Förderungen wurden eingestellt. Nun aber sind dort unabhängige Produzenten herangewachsen. Nicht umsonst ging im vergangenen Jahr der Goldene Bär an einen rumänischen Film, Mutter und Sohn!

Haben auch kleine Verleiher und Produzenten auf einem Riesenmarkt wie dem EFM eine Chance?
Das ist mein Motto: Berlin ist ein Markt, auf dem auch die Kleinen einen Platz an der Sonne haben! Auch wenn die Sonne hier im Februar in Berlin nicht immer scheint.

Wie machen Sie das?
In Berlin ist es im Februar kalt; wir haben keine Palmen und keinen Strand und das bedeutet: Die Leute gehen ins Kino. Das ist der große Vorteil von Berlin.

Wie hängt das Festival mit dem Marktprogramm zusammen?
Wir haben Filme aus allen Abteilungen des Festivals im Programm. Die Filmemacher wollen ihre Filme immer auch den Professionals zeigen, und die schauen bei uns. So reflektiert der Markt alles, was auf dem Festival läuft. Es gibt Jahre, in denen gewisse Filme wie ein Lauffeuer wirken: Alles redet davon, alle wollen sie sehen. Das schlägt sich auf den Erfolg des Marktes nieder. Es ist eine Symbiose.

In den 26 Jahren Ihrer Tätigkeit – was hat sich da verändert?
Zuallererst der Rhythmus. Es ist hektischer geworden. Durch die größere Anzahl von Filmen ist der Druck auf die Leute, viel zu sehen in ihrer kurzen Zeit in Berlin, ungeheuer gestiegen. Allerdings helfen hier auch die neuen Technologien, dank derer man sich vorab über das Programm informieren kann: Die Leute kommen nun bestens vorbereitet nach Berlin.

Die Digitalisierung verändert derzeit die Kinobranche, merkt man auf dem Filmmarkt davon etwas?
Natürlich. Dieses Jahr etwa haben wir bisher lediglich einen einzigen Film als 35-mm-Kopie – die müssen wir einrahmen, habe ich zu meinen Mitarbeitern gesagt. Als ich angefangen habe 1988, da hatten wir noch Kinos, die für 16-mm-Kopien ausgestattet waren! Heute dagegen ist alles DCP, HD Cam, Blu-ray.

Hat sich damit nicht auch die Funktion des Marktes verändert? Müssen die Leute denn noch nach Berlin kommen?
Das ist eine gute Frage. Aber selbst wenn Sie als Einkäufer von allen Filmen, die Sie interessieren, eine DVD bekommen, die Sie dann zu Hause oder in Ihrem Büro schauen können, fehlt doch die wichtige Komponente des menschlichen Kontakts. Ich muss doch mit dem Käufer sprechen, mit ihm über eine Strategie beraten, wie man einem Film zum Erfolg verhelfen kann und um den Preis feilschen. Solange wir Menschen noch keine Roboter sind, wird dieser menschliche Faktor immer eine große Rolle spielen.

Welches sind die Hauptkonkurrenten des EFM?
Ich betrachte das nicht als Konkurrenz. Wir haben in Berlin den Vorteil, der erste Markt des Jahres zu sein, und am Anfang eines Jahres sind wir Menschen alle voller Hoffnung: 2014 wird besser als 2013! Und wir werden bessere Filme finden! Als Nächstes kommt Cannes, aber das ist im Mai, in einem anderen Teil Europas. Danach kommt der American Film Market in Santa Monica, die haben kein Festival im Rücken... Und so weiter: Ich würde sagen, wir sind keine Konkurrenten, wir sind »complimentary«, wir ergänzen uns. Jeder hat seine Eigenheiten.

Und was sind die Eigenheiten von Berlin?
Wenn ich das selbst sage, klingt es ein bisschen übermütig oder gar überheblich, aber uns sagen die Leute, die hierherkommen: Es ist alles so gut organisiert.

 

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