Kritik zu Zwei an einem Tag
Lone Scherfig hat David Nicholls' erfolgreichen Langzeitbeziehungsroman verfilmt und dabei dessen Erzähltrick, 20 Jahre im Leben zweier Menschen mit immer demselben »Stichtag« zu erzählen, übernommen
Tempus fugit. Die Zeit flieht. Das liegt so in ihrer Natur. Sie ist eigentlich immer auf der Flucht, vor allem vor den Menschen, die sich danach sehnen, zum Augenblick zu sagen: »Du bist so schön.« Aber in Lone Scherfigs Adaption des gleichnamigen Romans von David Nicholls flieht sie noch etwas schneller als sonst im Kino, von einem Jahr zum anderen, von einem 15. Juli zum nächsten.
Vom Sehen her kannten sich die ein wenig linkische Emma und der überaus gewandte Dexter schon länger. Zum ersten Mal wirklich ins Gespräch sind sie allerdings erst einen Tag nach ihrer Abschlussfeier an der Universität von Edinburgh gekommen. Es ist zwar an diesem 15. Juli des Jahres 1988 nichts weiter zwischen ihnen passiert. Das hat ein Zufall verhindert. Trotzdem hat dieser Tag alles für die beiden verändert. Von da an waren sie die besten Freunde und sehnten sich zugleich uneingestanden nach mehr.
Mehr als zwei Jahrzehnte lang begleitet der Film seine Protagonisten auf ihrem wechselhaftem Weg. Dabei wird immer nur ein Tag, eben der 15. Juli, aus dem Fluss des Jahres herausgehoben. So gerinnt das Leben von Emma und Dexter zu einer Folge kurzer Momentaufnahmen, die etwas von einzelnen Puzzleteilchen haben.
Auf den ersten Blick kommt dieses Konzept dem Kino durchaus entgegen. Schließlich ist es mit seinen Schnitt- und Montagetechniken, die es einem Filmemacher ermöglichen, den Lauf der Zeit nach Belieben zu manipulieren, geradezu prädestiniert für diese Erzählstrategie. Außerdem neigt seit einigen Jahren nicht nur das Hollywoodkino dazu, ganze (Neben-) Geschichten in kurzen Montagesequenzen zu erzählen. Diese Tendenz hin zu einer sehr effektvollen Raffung von Zeit und Leben hat sich Lone Scherfig nun ganz deutlich zu eigen gemacht. Der ganze Film hat etwas von einer solchen Sequenz.
Die Jahre und die Ereignisse fließen regelrecht ineinander. Anne Hathaway und Jim Sturgess bemühen sich zwar mit aller Kraft darum, die Entwicklung ihrer Figuren greifbar zu machen. Doch letztlich werden sie von Scherfigs Montage und Nicholls’ Drehbuch einfach in diesen Taumel der Augenblicke und Szenen hineingerissen. So wandelt sich Anne Hathaways Emma während des ganzen Films kaum. Ihre Frisur ändert sich, und irgendwann ist auch die Brille verschwunden. Aber es bleibt bei diesen Äußerlichkeiten.
Im Vergleich zu ihr, die nach anfänglichen Rückschlägen doch noch eine erfolgreiche Schriftstellerin wird, erlebt Dexter weitaus extremere Höhen und Tiefen. Ihm, dem eigentlich alles in den Schoß fällt, die Frauen genauso wie die Karriere beim Fernsehen, spielt das Schicksal mehr als nur einmal böse mit und gibt Jim Sturgess, zuletzt in Peter Weirs The Way Back zu sehen, damit die Möglichkeit, seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.
Aber selbst er muss letztlich am Konzept des Films und an Lone Scherfigs oberflächlichem Umgang mit der Zeit und ihren Eigenheiten scheitern. Letztlich hat man nie das Gefühl, dass der Film einen Bogen über mehr als 20 Jahre schlägt. Dafür geht einfach alles viel zu schnell und auch viel zu glatt.
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