Kritik zu Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody

© Sony Pictures

Bewertung: 3
Leserbewertung
0
Noch keine Bewertungen vorhanden

Vor einigen Jahren gab es gleich zwei parallel entstandene Dokumentarfilme über Whitney Houston, Nick Broomfields »Whitney: Can I Be Me« lief 2017 auch in deutschen Kinos, während Kevin Macdonalds »Whitney – Die wahre Geschichte einer Legende« 2019 als DVD-Premiere herauskam.

Broomfield erzählte die Geschichte von ihrem Ende her, dem tragischen Tod im Alter von nur 48 Jahren. Während er in der Tradition seiner früheren Filme investigativ nach den Schuldigen fragte (und sie vor allem in ihrer Familie fand, die von Whitneys Erfolg gut leben konnte), war Kevin Macdonalds (von der Familie unterstützter) Film etwas zurückhaltender und machte vor allem ihren verstorbenen Vater, der ihre Geschäfte verwaltete, verantwortlich. Macdonald begann mit der Aufzählung ihrer Erfolge, die ihr zeitlebens einen Ehrenplatz im Popmusikgeschäft sichern, etwa die sieben Nr.1-Hits in Folge (mehr als die Beatles).

Diese Erfolge werden jetzt in dem Spielfilm ganz am Ende aufgelistet, aber was sagt das über das künstlerische Talent von Whitney Houston aus? Und was über ihr schwieriges Leben? Fast wirkt das ein wenig so, als sei das zweitrangig, Hauptsache, ihre Musik wird für immer bleiben.

Gut, wir sehen, dass ihre beiden Eltern sie zu ihrer Karriere treiben, ihre Mutter Cissy, eine nicht unbekannte Gospelsängerin, steckt dafür sogar zurück: als sie bei einem ihrer Auftritte den Plattenlabelboss Clive Davis in der ersten Reihe entdeckt, schürzt sie einen Frosch in der Kehle vor, damit ihre Tochter sich ins Rampenlicht setzen kann. Was dann auch funktioniert. Ihr Vater dagegen fällt ihr eher mit Bemerkungen wie »mit so kurzen Haaren wirst Du keine Karriere machen« in den Rücken, bevor er dann ihre Karriere managt und vor allem die Finanzen verwaltet.

Clive Davis (souverän wie immer verkörpert von Stanley Tucci), Chef des Arista-Labels, erscheint im Film als weißer Rabe. Als Whitney während einer Tournee einmal nachts an die Tür seines Hotelzimmers klopft und ihn fragt, ob er etwas für sie habe, denken er und der Zuschauer natürlich sofort an Drogen – aber sie meint einen neuen Song. Er rät ihr mehrfach von Drogen, sogar vom Rauchen, ab, lässt ihr freie Hand bei der Auswahl ihrer Musikstücke und ist immer für sie da. Darüber wundert man sich nur so lange, wie man nicht weiß, dass Clive Davis bei diesem Film als Produzent verantwortlich zeichnet. Dass er sie mehrfach mit eher weichgespülten Songs zum Erfolg führte, wo sie lieber R'n'B gesungen hätte, wurde aus den Dokumentarfilmen ziemlich deutlich. Hier wird die Tatsache, dass sie dafür bei Black Music Awards einmal ausgebuht wurde, eher neidischen Mitbewerbern zugeschrieben.

Das Drehbuch von Anthony McCarten, der sich mit »The Darkest Hour« und »Bohemian Rhapsody« als Biopic-Spezialist empfohlen hat, kann Whitney Houstons Drogensucht in späteren Jahren nicht ganz ignorieren, schreibt die aber eher dem allgemeinen Stress durch große Welttourneen zu – schließlich ist es sie selber, die sich diesen Strapazen unterziehen will, um nah bei ihrem Publikum zu sein – Clive Davis rät ihr davon ab.

Auch die Konfrontation mit ihrem Vater wird verkürzt: als sie herausgefunden hat, dass er von ihren Einkünften die Mitglieder der Familie großzügig bedient hat, u.a. mit Privatjets, stellt sie ihn zur Rede, doch kurz darauf eilt sie an sein Krankenbett (wo er ein weiteres Mal klarmacht, dass sie ihm ihre Karriere zu verdanken habe) und dann folgt schon sein Begräbnis.

Was im Film expliziter gezeigt wird, ist das enge Verhältnis zwischen Whitney Houston und ihrer Jugendfreundin Robyn, die beiden ziehen zusammen, im Bett kuscheln sie zwar nur, aber impliziert wird, dass ihre Beziehung darüber hinausging. Umso erstaunlicher, dass Robyn, die als Kämpfernatur gezeigt wird, schließlich kampflos das Feld räumt, als Whitneys Ehemann und Kollege Bobby Brown auf ihr Management Anspruch erhebt.

Was der Film an Neuem bietet, ist die Info, dass Kevin Costner selber sie für die Rolle in »Bodyguard« haben wollte und auch, dass er es war, der ihr den Dolly-Parton-Song ans Herz legte, mit dem sie dann einen Riesenhit hatte. Gemessen daran wird der Film aber praktisch nicht gewürdigt.

Ein Verdienst von »Whitney Houston: I Wanna Dance With Somebody« immerhin ist es, Whitney Houstons Talent als Sängerin, ihren Stimmumfang, ins rechte Licht zu setzen, etwa wenn sie zustimmt, ein Medley aus drei Songs, von denen jeder für sich schon eine Herausforderung ist (wie sie selber sagt), zu singen. Aber am Ende scheint mir das doch ein bisschen wenig, in Anbetracht der Tatsache, dass die beiden Dokumentarfilme seinerzeit von zwei älteren weißen Filmemachern stammten, während der Spielfilm jetzt von einer schwarzen Regisseurin inszeniert wurde.

Meinung zum Thema

Kommentare

Ehrlich, ich versteh' den letzten Satz nicht...?

Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns

Mit dieser Frage versuchen wir sicherzustellen, dass kein Computer dieses Formular abschickt