Kritik zu Wer's glaubt, wird selig
Wunder gibt es immer wieder: Marcus H. Rosenmüller kehrt in seiner neuen Heimatkomödie ins bayrische Dorf zurück
Regisseur Marcus H. Rosenmüller, seit der Heimatkomödie »Wer früher stirbt, ist länger tot« (2006) ein kleiner Lichtblick im trüben deutschen Komödienwesen, widmet sich erneut jenem Biotop, in dem er sich am besten auskennt. Wieder geht es um ein bayrisches Dorf und die unorthodoxen Auslegungen des katholischen Glaubens. Mit Letzterem hat der aus dem Norden eingewanderte »Fischkopf« Georg (Christian Ulmen) nichts am Hut, dafür aber umso mehr seine Schwiegermutter Daisy (Hannelore Elsner). Sobald Georg und seine Emilie (Marie Leuenberger) den ehelichen Pflichten huldigen wollen, veranstaltet die fanatische Alte im Nebenzimmer einen Riesenrabatz, indem sie vor ihrem Hausaltar lautstark die Mutter Gottes beschwört. Eines Tages passiert beim gleichermaßen leidenschaftlich betriebenen Beten und Beischlafen ein Unfall, bei dem Daisy das Zeitliche segnet. Georg hat den Einfall, sie heilig sprechen zu lassen: der Wallfahrtstourismus würde dem Skiort, der wegen ausbleibenden Schnees daniederliegt, einen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren. »Ski ist ein Saisongeschäft, aber gebetet wird immer«, wissen auch die örtlichen Honoratioren – Lehrer, Bestatter, Metzger und Polizist –, die Georg von seiner Idee überzeugt. Er fährt also nach Rom und trifft in vatikanischen Hinterzimmern zufällig den Papst (Nikolaus Paryla) persönlich. Der schickt prompt einen Kanonisierungsfachmann zur Prüfung von Daisys angeblichen Wundern.
Die wilde Geschichte, die Rosenmüller hier auftischt, besticht vor allem durch ihren Übermut und durch ihren handfesten Zugriff auf Leben und Tod, Religion und religiöses Theater. In seiner bewährten Mischung aus Komödienstadl, liebenswerten Figuren und metaphysischen Winkelzügen wird wie in »Wer früher stirbt« der Glaube gleichzeitig veräppelt und von hinten durch die Brust ins Auge rehabilitiert. Sehr hübsch ist die Papstfigur, die von Nikolaus Paryla als zartes, stets etwas bekümmert blickendes, weises Wesen gespielt wird. Hannelore Elsner ist als biestige Schwiegermutter auch in jenseitigem Zustand wunderbar besetzt, Marie Leuenberger als Emilie eine Begegnung der aparten Art. Mit zwei theatralisch inszenierten falschen und einer echten Auferstehung, die mit schönem Understatement von den Protagonisten völlig unbemerkt bleibt, beweist Rosenmüller erneut, dass er sowohl auf der Klaviatur des deftigen wie auch des feinfühligen Humors spielen kann, der schwarze funktioniert sowieso.
Und doch: Es »funkt« nur gelegentlich. Vielleicht liegt's an Christian Ulmen, der als etwas trotteliger Hauptakteur wie auf Autopilot seine gewohnte Tour des »ich bin klein, mein Herz ist rein« durchzieht. Oder vielleicht an manch spießigem Klamauk rund um zwei Patres und eine Expornodarstellerin. Dann wieder überrascht die Komödie mit quirligem Dialogwitz, wenn etwa der falsche Pater, statt die Litanei zu beten, aus »De bello Gallico« zitiert, oder wenn ein aus dem Koma Erwachender eine Erleuchtung hat und in einem Stegreifvortrag mittels physikalischer Formeln den Gottesbeweis liefert. Auch in diesem etwas durchwachsenen Spaß bleibt die Kirche im Dorf.
Ihre Meinung ist gefragt, Schreiben Sie uns