Kritik zu A Revolution on Canvas

© HBO

2023
Original-Titel: 
A Revolution on Canvas
Filmstart in Deutschland: 
22.08.2024
L: 
95 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Sara Nodjoumi porträtiert ihren eigenen Künstlervater, der sich einst gegen den Schah engagierte, sich dann aber von den Mullahs aus dem Iran ins Exil gezwungen sah und dabei ihm wertvolle Bilder in Teheran zurückließ

Bewertung: 3
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Auch im Iran fraß die Revolution ihre Kinder. So musste der Maler Nikzad Nodjoumi 1980 aus dem Land fliehen, in das er nach einem Studium in den USA gerade zurückgekehrt war, um als Kommunist und Künstler gegen den Schah zu kämpfen. Nach dem Sieg der Mullahs gerierten sich die neuen Herrscher noch brutaler als jener, besonders gegenüber einstigen Mitstreitern. Die politisch und sexuell expliziten Bilder Nodjoumis kritisierten auch das neue Regime. Als der Direktor des wiedereröffneten Teheraner Museum of Contemporary Art ihm eine Ausstellung anbot, sagte er zu. Doch dann wurde gegen diese zur Eröffnung in der iranischen Presse massiv gehetzt. Und Nodjoumi ergriff überstürzt ohne seine Bilder die Flucht nach Florida zu Frau und Tochter Sara. 

Letztere führte mit Ehemann Till Schauder Regie bei diesem Dokumentarfilm über den Vater, der zuerst wie gelähmt war vom Kontrast zwischen dem saturierten Miami und dem kollektiven Aktivismus in Teheran. Mittlerweile lebt der Künstler in New York, reist für eine Recherche mit der Tochter aber auch nach Istanbul. Anlass für die Reise ist das (nicht ungefährliche) Ziel, die in Teheran zurückgebliebenen Bilder in die USA zu holen. Dies ist auch der nach den Regeln klassischer Spannungsdramaturgie durchgezogene narrative Bogen für den Film.

Ein anderer thematischer Schwerpunkt – neben der mit viel Archivmaterial gefütterten Geschichte der Revolution selbst – sind das Familienleben der Nodjoumis und das Auf und Ab der erst gegen elterlichen Willen durchgesetzten und später geschiedene Ehe zwischen Nodjoumi, dem Sohn eines iranischen Armee-Offiziers, und der ebenfalls iranstämmigen jüdischen Kommilitonin Nahid Hagigat. Dabei fokussiert die Tochter in Gesprächen besonders die Opferung des künstlerischen Schaffens der Mutter für die Karriere ihres Ehemanns. Eine aus Künstlerehen vertraute Gewichtung, die sich ironischerweise im Hauptfokus des Films auf Schicksal und Kunst des Vaters spiegelt.

»A Revolution on Canvas« ist dennoch ein gelungener Familienfilm, ein aufwühlendes historisches Panorama und ein Krimi, der wohl zu Recht ohne Auflösung bleibt. Irgendwann wird der ehemalige Direktor des Museums in Kalifornien gefunden – und erinnert sich mit breitem Lächeln nicht einmal daran, dass es Nodjoumis Ausstellung überhaupt je gab. Irgendwann reist auch ein Mittelsmann nach Teheran, um nach den Bildern zu suchen. Mehr soll hier nicht erzählt werden, außer dass nicht nur diese Szene des Films stark auktorial gelenkt und zum Teil auch geskriptet aussieht. Doch das sind erlaubte, wenn auch hier etwas grob praktizierte Kunstmittel. Problematisch ist, dass im gesamten Film die stilistisch zwischen Bacon, Grosz und Goya oszillierende Kunst des »Nicky« Nodjoumi auf der Strecke bleibt. Kunstkritisch werden die Arbeiten nur in allzu kursorischen verbalen Minischnipseln von wechselnden Kuratorinnen aus dem Off gewürdigt. Visuell laufen sie wiederholt als Diashow in solchem Tempo über die Leinwand, dass kaum mehr als ein Wow-Effekt entstehen kann. Schade!

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