Kritik zu Ralph reicht's
Schurke wider Willen: Weil niemand ihn einlädt, möchte der Bösewicht eines Videospiels in einem anderen endlich zum Helden werden. Disney ehrt in diesem Animationsfilm die pixeligen Spiele der 80er Jahre
Ich will doch nur, dass ihr mich liebt!« Mehr möchte Ralph nicht, der kein wirklicher Bösewicht ist, er muss diese Rolle nur in einem Videospiel ausfüllen, wo er als »Wreck-it Ralph« mit seinen Riesenfäusten Löcher in die Wände eines Wohngebäudes schlägt, die dann sogleich von »Fix-it Felix, Jr.«, dem properen Handwerker, geliebt von allen Figuren in diesem Spiel, dem er auch seinen Namen gibt, repariert werden. Das Schlimme für Ralph ist, dass sich seine Diskriminierung auch nach Feierabend fortsetzt. Denn dann wenn der Spielsalon geschlossen ist, haben die Figuren Freizeit und können ihr eigenes Leben leben, sogar eine unbedeutende Nebenfigur wie Gene darf sich dann als Herr im Haus fühlen, der für andere Cocktailpartys schmeißt – zu denen allerdings Ralph nie eingeladen wird.
Stattdessen geht er zu der AA-Variante »Bad Anon«, wo all die baddies sich ihre Frustrationen vom Leib reden können. Vielleicht könnte er ja in einem anderen Videospiel ein Held sein (denkt sich Ralph) und dort mit seinen Körperkräften anderen Figuren aus der Patsche helfen? So macht sich der gutmütige Riese, dessen Hände größer sind als sein Kopf, auf den Weg.
Mit Ralph reicht’s setzt Disney die Reihe seiner Animationsfilme mit sich selbst reflektierenden Protagonisten fort, die uns in den vergangenen Jahren schon einen Hund bescherte, der erkennen muss, dass er nur eine Filmfigur ist (Bolt), und eine Prinzessin, die es aus ihrem »Magic Kingdom« ins New York von heute verschlägt. Man kann natürlich auch an Pixar-Filme, zumal die Toy-Story- Reihe, denken, die von der Lebendigkeit scheinbar unbelebter Figuren erzählten, etwas, das Disney schon für die Gartenzwerge in Gnomeo & Juliet adaptierte. So wie in Toy Story die alten Spielzeuge eines Kindes den Verdrängungswettbewerb mit seinen neuesten zu spüren bekamen, so setzt Ralph reicht’s den Videospielen einer vergangenen Ära ein Denkmal – als diese noch nicht auf dem Computer, sondern noch in Spielsalons gespielt wurden.
Dass der Film dabei Figuren aus ganz unterschiedlichen Spielewelten zusammenbringt, irritiert auf den ersten Blick, scheint doch nichts die futuristische Heroine namens Sergeant Calhoun zu verbinden mit den Girlies aus dem knallbunten Rennfahrerspiel »Sugar Rush«. Calhoun erinnert mit ihrem eng anliegenden Lederoutfit an Lara Croft, und ihre Gegner sind Rieseninsekten, die direkt aus Starship Troopers entsprungen scheinen. Dass das dennoch funktioniert, ist ein Indiz dafür, dass es dem Film gelingt, die Figuren mit komplexen Emotionen auszustatten, allen voran Ralph. Aber auch andere Figuren zeigen, dass dem ersten Blick nicht zu trauen ist, so erweist sich der so knuddelig aussehende King Candy, der Herrscher über die Welt von »Sugar Rush«, als Verwandter im Geiste jenes Teddybären, der in Toy Story 3 den Protagonisten das Leben schwer machte.
Man wird sich wohl daran gewöhnen müssen, dass die Filme von Disney und Pixar sich immer mehr annähern. Wenn die Resultate so gelungen sind wie Ralph reicht’s, kann man damit leben.
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