Kritik zu Mollath — und plötzlich bist du verrückt

© Zorro Filmverleih

2015
Original-Titel: 
Mollath — und plötzlich bist du verrückt
Filmstart in Deutschland: 
09.07.2015
L: 
93 Min
FSK: 
Ohne Angabe

Annika Blendl und Leonie Stade versuchen, den Fall Mollath noch einmal aufzurollen – ohne Täter zu benennen oder das Opfer zu rehabilitieren

Bewertung: 3
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Plötzlich war er berühmt. Der Fall Gustl Mollath wurde zu einem der größten Justizskandale der Bundesrepublik. Sieben Jahre wurde der Automechaniker in der forensischen Psychiatrie festgehalten, dort wo psychisch kranke Straftäter untergebracht sind. Sieben Jahre unter härtesten Bedingungen, die beim auf 60 Schritte in L-Form begrenzten Hofgang begannen und dann auf 200 Schritte im Quadrat gelockert wurden. Immerhin konnte Mollath dabei einen kleinen Topf voll Erde stehlen, um seine Dattel- und Orangenkerne einzupflanzen. Die Trennung der beiden Pflanzen aus dem gemeinsamen Topf durchzieht den Film wie ein Leitmotiv.

Mollath restaurierte Oldtimer, seine Frau arbeitete bei einer Bank. Immer wieder fuhr sie mit größeren Summen in die Schweiz, was Mollaths Rechtsempfinden widersprach. Als er sie nötigte, damit aufzuhören, verließ sie ihn. Was folgte, erinnert an totalitäre Systeme, an dystopische Thriller und Berichte aus einer anderen deutschen Zeit. Seine Frau behauptete, Mollath habe sie geschlagen, eingesperrt und sei ein verrückter, gemeingefährlicher Straftäter. Die Tatsache, dass Mollath selbst die Devisenschiebereien zur Anzeige bringen wollte und nicht nur die Bank, sondern auch den deutschen Staat verklagte, werteten die Richter als Beweis seiner Unzurechnungsfähigkeit. Dass er überhaupt noch einmal aus der Psychiatrie auftauchen konnte, verdankt Mollath der Finanzkrise und dem Bankencrash. Dann gab es Beweise, die seinen Verdacht untermauerten. Heute ist er um 60 000 Euro Entschädigung reicher und ein freier Mann. Sein Haus, seine Autos, sein Ruf, all das aber ist dahin.

Leonie Stade & Annika Blendl gehen sehr behutsam und ohne den Furor von Verschwörungstheoretikern vor. Sie versuchen herauszufinden, ob Gustl Mollath verrückt ist, ob er seine Frau misshandelte und tatsächlich eine Weltverschwörung erkannte. Seine Frau war nicht zu einer Stellungnahme zu bewegen, ihre Position jedoch wird von zwei Journalisten vertreten, die den Fall damals recherchierten. Am Schluss bleibt offen, was wirklich geschah. Auch die Frage nach der geistigen Gesundheit bleibt letztlich unbeantwortet. Seine Beharrlichkeit, sein vermeintlich tiefer Einblick in die Zusammenhänge der Weltsysteme und sein etwas verschrobener Blick sind Indizien für eine etwas fremdartige Denkweise. Aber die forensische Psychiatrie, so viel wird zweifelsfrei deutlich, war zu keiner Zeit der richtige Ort für Gustl Mollath.

Die Haltung des Filmes ist in ihrer Umsichtigkeit sehr angemessen. Man hat das Gefühl einer höchstmöglichen Objektivität. Im Ergebnis allerdings hinterlässt er auch eine gewisse Unzufriedenheit. Auch mit der Wirklichkeit. Wo sind die verantwortlichen Richter, und warum werden sie nicht zur Rechenschaft gezogen? Warum gibt es derartige »Krankenhäuser« überhaupt noch? Fragen, die der Film nicht stellt, wohl aber hinterlässt.

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Kommentare

Hier meine Kritik zum Film: http://www.ein-buch-lesen.de/2015/07/kino-mollath-und-plotzlich-bist-du.html

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