Kritik zu Match Me!
Lia Jaspers begleitet drei junge Europäer auf deren Suche nach dem Glück in der Liebe und setzt dabei den leichtfertigen Erfolgsversprechen von Datingportalen und Flirt-Apps die Langwierigkeit und Mühseligkeit des Analogen entgegen
Nicht das allwissend-allmächtige Internet soll Johanna, Sampsa und Sarah bei der Partnersuche helfen, nicht Datingportale oder Flirt-Apps. Auf der Suche nach dem Glück in der Zweisamkeit greifen die drei auf eher traditionelle Methoden der Kontaktanbahnung zurück. Und diesen Methoden kommt in Lia Jaspers Dokumentarfilm »Match Me!« mindestens ebensoviel Bedeutung zu wie den Hoffnungen und Erwartungen derjenigen, die sie in Anspruch nehmen. Woraus sich ein vielfältiges Bild von Liebeskonzepten, Beziehungsweisen und Formen von deren Anberaumung ergibt. Das wiederum gesehen werden will vor dem Hintergrund des virtuellen Werbens mit raschen Erfolgen und beliebigen Reloads: Ein paar Mausklicks nur und schon bringt der Traummann Glanz und Gloria ins Leben – bis er die Socken herumliegen lässt und die Haare im Abfluss. Dann probiert man halt den Nächsten aus…
Der Geschwindigkeit des Digitalen setzt »Match Me!« die Langwierigkeit des Analogen entgegen. Zum Beispiel die Geschichte der Münchnerin Johanna, deren langjährige Beziehung schmerzhaft scheiterte und die dabei das Gleichgewicht verlor. Sie fährt ins irische Lisdoonvarna zum Matchmaking Festival. Eine etwas kopflos wirkende Aktion, die ihre Entsprechung findet in der Art dieser Festivität, die sich vom historisch gewachsenen bäuerlichen Heiratsmarkt zu einer alkoholbefeuerten Party mit Abschleppmöglichkeit entwickelt hat. Spontaneistisch geleitet von einem leutseligen Bärtigen, der die Funktion des Heiratsvermittlers bereits in der dritten Generation ausübt.
Gleichfalls bei einer Massenveranstaltung, dem Yoga-Festival im italienischen Cabella, hofft auch die Österreicherin Sarah, aufgewachsen in einem Ashram in Indien, auf den Mann fürs Leben. »Weil ich schon 27 bin und es Zeit wird, eine Familie zu beginnen«, sagt sie. Und weil sie sich die Entscheidung über die Auswahl des für sie »Richtigen« nicht zutraut, lässt sie sich von den dortigen Gurus einen Mann zuteilen: Jonas aus Litauen. Friss oder stirb, lautet in der Folge die Parole, denn der Kosmos hat gesät und nun liegt es am Menschen, die Saat aufgehen zu lassen. Nicht die dümmste Option, wenn man sieht, wie entschlossen Sarah und Jonas sich, diversen Ernüchterungen zum Trotz, an die Beziehungsarbeit machen.
Der dritte im Bund ist Radiologieassistent Sampsa aus Helsinki, der sich nach dem Ende seiner 10-jährigen Ehe mit dem Alleinsein nicht anfreunden kann; vertrauensvoll wendet er sich daher an die »Lovers' Matchmaking Agency«, die mit reichlich unkonventionellen Date-Szenarien der Schüchternheit und den Verkrampfungen ihrer Kundschaft beizukommen sucht.
Eineinhalb Jahre lang begleitete Jaspers ihre Protagonisten und das im Laufe dieser Zeit entstandene Vertrauensverhältnis spiegelt sich nun in der unaufgeregten Grundstimmung des Films. Obwohl es kreuz und quer durch Europa, auf und ab und hin und her geht, der Blick der Filmemacherin weicht von dem der Suchenden nicht ab, es ist ein aufmerksamer, gelassener, geduldiger und zugewandter Blick und er vermittelt dem Anderen Zuversicht – vielleicht sogar Hoffnung auf Liebe.
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