Kritik zu Mademoiselle Populaire
Eine Komödie, für die Amerika das Konzept und Frankreich die Romantik geliefert hat: Régis Roinsard eifert in seinem Regiedebüt spielerisch den »Geschlechterkampf«-Komödien mit Doris Day und Rock Hudson nach
So ganz können die Vertreter eines großen amerikanischen Schreibmaschinenherstellers ihr Glück nicht fassen. Gerade wurde ihnen von einem ehemaligen G.I., der nach der Landung in der Normandie in Frankreich hängengeblieben war, eine wahrhaft revolutionäre Erfindung angeboten. Nur stammt dieser erste Entwurf für einen Kugelkopf von einem Franzosen, dem Versicherungsagenten Louis Échard, und nicht von einem Amerikaner. Also fragen sie dessen Freund und Repräsentanten, warum Louis sich ausgerechnet für sie und nicht für einen ihrer französischen Konkurrenten entschieden hat. Seine Antwort ist so simpel wie symbolkräftig: »Amerika fürs Geschäft, Frankreich für die Liebe!«
In etwa beschreibt das auch die Philosophie oder zumindest die Grundidee von Régis Roinsards Spielfilmdebüt. Amerika, oder genauer: das amerikanische Kino, ist allgegenwärtig in dieser zutiefst nostalgischen Geschichte um eine junge Frau aus der Provinz, die es in die nächstgrößere Stadt zieht. Ein Leben in dem kleinen Gemischtwarenladen ihres Vaters Jean (Fréderic Pierrot) kann sich Rose Pamphyle (Déborah François) einfach nicht vorstellen. Und den Automechaniker von nebenan, den Jean sich zum Schwiegersohn auserkoren hat, will sie keinesfalls heiraten. Rose träumt von einem ganz anderen, viel glamouröseren und mondäneren Dasein. Also macht sie sich 1958 auf den Weg nach Lisieux und bewirbt sich dort als Sekretärin bei Louis Échard (Romain Duris). Nur hat sie weder berufliche Erfahrung noch die geringste Ahnung von den Aufgaben einer Sekretärin. Dafür kann sie allerdings dank der Schreibmaschine, die im Schaufenster des väterlichen Ladens steht, extrem schnell tippen. So erregt sie doch noch Louis’ Aufmerksamkeit.
Der seit dem Krieg traumatisierte Versicherungsmann, der sich immer noch nach seiner inzwischen mit seinem besten Freund verheirateten Jugendliebe sehnt, hat das Leben seit jeher als sportlichen Wettkampf verstanden. Und in dieser Hinsicht hat Rose durchaus Potenzial. Also stellt er sie ein, aber nur unter der Bedingung, dass sie an Schnelltippwettbewerben mteilnimmt.
Régis Roinsard macht von Anfang an keinen Hehl aus seinen Inspirationsquellen. Schon der liebevoll animierte Vorspann verweist deutlich auf das Hollywoodkino der frühen 60er Jahre. Erinnerungen an Saul Bass, Maurice Binder und den nicht ganz so berühmten Wayne Fitzgerald sind alles andere als zufällig. Vor allem die Filme von Doris Day und Rock Hudson haben es Roinsard ganz offensichtlich angetan. Romain Duris und Déborah François wandeln unverkennbar auf deren Spuren und werden dabei von Shaun Benson in der Tony-Randall-Rolle unterstützt.
Das liebenswerte Trio kommt seinen Vorbildern erstaunlich nahe. Zusammen verleihen sie diesem Pastiche, das sich zugleich noch ausgiebig bei den Filmen von Stanley Donen, Douglas Sirk und Frank Tashlin bedient, streckenweise tatsächlich einen bezaubernden Charme. Nur fehlt Mademoiselle Populaire der subversive, die Geschlechterklischees unterlaufende Subtext. Der geht nun einmal verloren, wenn sonst alles nichts als Hommage und Zitat ist.
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