Kritik zu The Huntsman & The Ice Queen
Zwei Kostüme suchen eine Story: Im Sequel zum erfolgreichen Chris Hemsworth/Kristen Stewart-Vehikel wird Vor- und Nachgeschichte geliefert, Grimm- und Andersen-Märchen vermischt und sogar mit Ideen aus der Fanfiction experimentiert
»Snow White geht es nicht gut«, heißt es im ersten Filmdrittel lapidar, um zu begründen, warum Schneewittchen abwesend ist. Kristen Stewart, die Heldin in »Snow White and the Huntsman«, fehlt im Nachzüglerfilm komplett. Um diese Leerstelle herum, die durch die knappe Einblendung »sieben Jahre später« gekennzeichnet ist, musste also die Handlung gebaut werden. Das Geschehen ist zugleich Prequel und Sequel und wirkt manchmal wie bekiffte Fanfiction. Allerdings hatte auch der Vorgängerfilm mit seinem wehrhaften, vage emanzipatorischen Schneewittchen nur noch wenig mit dem Grimm'schen Märchen gemein. Nun kommt mit der Eiskönigin eine weitere traditionelle Märchenfigur, die von Hans Christian Andersen erdacht und bereits vor zwei Jahren im Disney-Animationsfilm »Die Eiskönigin« dekonstruiert wurde, ins Spiel.
Die in glitzernde weiße Roben gewandete und in eisiger Trauer hart gewordene Freya (Emily Blunt) ist die Schwester der bösen Königin Ravenna (Charlize Theron), die im Vorgängerfilm starb und hier wieder auferstehen wird wie einst Voldemort, nur viel schöner. Charlize Theron ist einfach zu glamourös als laszive Diva in Gold, um sie so sang- und klanglos untergehen zu lassen. Zwei Kostüme suchen eine Story: selbst nach den niedrigen Maßstäben des Genres gemessen, kommt dieses Fantasymärchen allzu beliebig daher.
Zum stotternden Handlungsmotor wird der geraubte Zauberspiegel, der in »Herr der Ringe«-Manier in nicht näher beschriebener Weise Unheil anrichtet und deshalb vom Huntsman (Chris Hemsworth) unbedingt gefunden und vernichtet werden muss. Der Huntsman, eine anglisierte Version jenes Jägers, der das Schneewittchen rettete, bekommt eine eigene Hintergrundgeschichte samt großer Liebe angedichtet (wo man doch stets annahm, dass er für das Schneewittchen bestimmt war!). Die zupackende Amazone Jessica Chastain bringt hier als love interest etwas Sex ins Spiel, während Chris Hemsworth wenig mehr tun muss als gut aussehen und lässig sein. Als komischer Kontrast zu diesem Paar fungieren gleich zwei dialogstarke Zwergenduos. Das waldige Ambiente mit seinen Fantasy-Kreaturen erinnert an die »Narnia«-Epen. So werden bis zum erwartbaren Showdown in Gold und Silber allerlei Déjà-Vu-Momente aufgeboten, die aber kurzweilig und mit viel Action angerichtet sind.
Debütregisseur Cedric Nicolas-Troyan, der die visuellen Effekte im ersten Film verantwortet hatte, gelingt es leider nicht, eine ähnlich eigenständige Bildsprache wie im Vorgängerfilm von Rupert Sanders zu entwerfen. Die Düsternis ist einer kurzatmigen Aneinanderreihung von Schauwerten gewichen, selbst die gefangenen Kinder, die von Freya zu Kriegern dressiert werden, wirken nicht weiter dramatisch. Vollends verquast ist die Herleitung der schwesterlichen Biestigkeit: mal geht es im Stil von »Maleficent« mit Angelina Jolie um verratene Liebe und weibliche Unabhängigkeit, mal um Kinder und mal darum, die Schönste im Land zu sein. Was will das Weib? – fragt man sich am Ende ratlos, wissend, dass im nächsten Pre-Prequel wohl noch pompöseres Fantasy-Zickentum zu erwarten ist.
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