Kritik zu Hannah Arendt

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Margarethe von Trotta und Barbara Sukowa haben bereits eine Reihe starker Frauenporträts geschaffen. Mit der Philosophin Hannah Arendt kommt eine Figur von großer Ausstrahlung hinzu

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Gibt man bei Google »Banalität« ein, bekommt man als Ergänzung »des Bösen« vorgeschlagen. Tatsächlich ist die Rede von der »Banalität des Bösen« fast zu einem feststehenden sprachlichen Ausdruck in einer Reihe mit »Bausch und Bogen« und »des Pudels Kern« geworden. Damit verloren gegangen ist nicht nur das Wissen über die Autorin und den Zusammenhang, in dem dieser Ausdruck geprägt wurde, sondern vor allem auch das Gefühl für den Skandal, den er einmal bedeutet hat. Margarethe von Trotta legt ihr Porträt der Philosophin Hannah Arendt um diesen Skandal herum an und schon allein dessen präzise Rekonstruktion macht Hannah Arendt zu einem nicht unbedingt gefälligen, aber unbedingt sehenswerten Film.

Zu Beginn glaubt man sich in einem Thriller: Da wird ein Mann auf nächtlicher Straße überfallen und in ein Auto gezerrt. Im Tausende von Kilometern entfernten New York löst die Entführung Adolf Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst hitzige Debatten aus. Mit diesen Szenen schnell und scharf redender, sehr erwachsener Menschen findet der Film zu seinem Genre: Hannah Arendt ist ein »Talkie«, ein Sprechfilm im buchstäblichen Sinn. Womit nicht gemeint ist, dass hier nach der Art schlechter Fernsehfilme in den Dialogen erklärt wird, was man als Zuschauer sowieso sieht. Nein, Margarethe von Trotta hat mit Koautorin Pam Katz ein Drehbuch verfasst, in dem der Austausch von Argumenten die wahre Action bildet. Barbara Sukowa, wie sie stets mit Zigarette bewaffnet als Hannah Arendt ihren diversen Gegenübern Paroli bietet, steht den üblichen Actionhelden im Grunde in nichts nach. Wie diese geht sie eigensinnig ihren Weg und nimmt dabei das Risiko der Einsamkeit in Kauf.

In der Ausstattung herrscht ganz die biedere Nachbildung der braven Möbel- und Kleidermoden der späten 50er Jahre vor. Atmosphärischer geht es in den wenigen Sequenzen zu, die Arendt als junge Studentin in den 20er Jahren zeigen. Wobei von Trotta in der Andeutung der schwierigen Geschichte mit Martin Heidegger demonstrativ diskret bleibt. Was andere Autoren vielleicht in Boulevardmanier zum Angelpunkt dieses Biopics gemacht hätten, bildet bei von Trotta betont subjektive Erinnerung. Es geht ihr weder um das Herausstellen von Arendts Irrtümern noch um melodramatische Beimischungen.

Der Film, der sich im Wesentlichen auf die Zeit rund um den Eichmann-Prozess von 1961 konzentriert, folgt dabei den trockenen Fakten. Er zeigt Arendt, die über Paris nach New York emigriert war, zunächst als engagierte Professorin und glückliche Ehefrau. Nicht nur der heftige deutsche Akzent weist darauf hin, dass diesem vermeintlich zufriedenen Leben etwas Nichtkonformes eingeschrieben ist. Arendt und ihr Ehemann Heinrich Blücher (Axel Milberg) sind keine Exilanten, die vergessen wollen, wie sie wurden, was sie sind. In bühnenhaften Szenen skizziert der Film auch das soziale Geflecht, in dem sich Arendt bewegt. Da gibt es die junge, absolut loyale Assistentin Lotte Köhler (Julia Jentsch), es gibt alte Freunde wie Hans Jonas (Ulrich Noethen), den sie noch aus Studienzeiten in Marburg kennt, und neue wie Mary McCarthy (Janet McTeer), mit der sie auch mal so etwas Banales wie »Frauenfragen« erörtert. Arendt erkämpft sich, als Reporterin des »New Yorker« zum Eichmann-Prozess nach Jerusalem geschickt zu werden. Dort trifft sie weitere alte Bekannte wie den deutschen Zionisten Kurt Blumenfeld, mit dem sie ihre Gedanken über den »Schreibtischtäter« Eichmann und zur Rolle der Judenräte erstmals austauscht und dabei eine Vorahnung auf das erlebt, was noch kommen wird.

Kernstück des Films bildet schließlich die Schilderung der heftigen Reaktionen, die Arendts im »New Yorker« erscheinender Prozessbericht auslöst. Wobei Margarethe von Trotta charakteristisch genau bleibt: auch die Argumente der »Gegner« werden gehört und als verständlich dargestellt. In der schwierigen, aber konsequenten Haltung, die man hier Barbara Sukowas Hannah Arendt einnehmen sieht, findet das Filmporträt seinen komplexen Abschluss.

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