Kritik zu Fantastic Four
Supernerds in Strumpfhosen: Das 1961 ersonnene und damit älteste Superhelden-Team aus dem Hause Marvel erhält nun endlich einen amtlichen Sommer-Blockbuster
Ein Reboot der Superhelden-Familie »Die Fantastischen Vier« war im Zuge der erfolgreichen Marvel-Comic-Verfilmungen der letzten Jahre nur eine Frage der Zeit. Denn die beiden von Bernd Eichingers Constantin Film produzierten Adaptionen »Fantastic Four« (2005) und »Fantastic Four: Rise Of The Silver Surfer« (2007) sind bei Comic-Fans nicht besonders beliebt. Freunde des Trivial-Kinos bevorzugen gar die bislang offiziell noch unveröffentlichte Erstverfilmung »The Fantastic Four«. Für geschätzte 1,5 Millionen US-Dollar ließ die deutsche Produktionsfirma Neue Constantin Film Ende 1992 von Billig-Produzent Roger Corman in den USA eine erste Realverfilmung anfertigen. Mutmaßlich aber nicht, um das Werk tatsächlich in die Kinos zu bringen, sondern lediglich um die Verfilmungsrechte an dem Stoff nicht zu verlieren, die Eichinger schon Mitte der 80er Jahre preisgünstig von Marvel erworben hatte. Mit einem Budget von 122 Millionen US-Dollar bekommt Marvels ältestes Superhelden-Team (1961 ersonnen von Autor Stan Lee und Zeichner Jack Kirby) nun endlich einen amtlichen Sommer-Blockbuster spendiert.
Bei einen geheimen Teleportationsexperiment reisen die vier von unbändigem Forschungsdrang getriebenen Freunde Reed Richards (Miles Teller), Johnny Storm (Michael B. Jordan), seine Schwester Sue (Kate Mara) und Ben Grimm (Jamie Bell) in ein Paralleluniversum und erlangen dort aus Versehen fantastische Fähigkeiten. Ihre neuen Superkräfte spiegeln dabei die Persönlichkeiten und inneren Konflikte der vier Außenseiter wieder. Der stets nach den Sternen greifende Reed wird extrem dehnbar und kann seine Gliedmaßen fortan wie Gummi verlängern, der aufbrausende Johnny entflammt auf Wunsch zur menschlichen Fackel, die besonnene Sue kann sich unsichtbar werden lassen und der zurückhaltende Ben verwandelt sich in den muskulösen Steinkoloss "Das Ding". Sofort wecken die Fantastischen Vier das Interesse des amerikanischen Militärs. So weit, so genretypisch.
Überraschungen finden sich eher im Detail. So wird die Beherrschung der neuen irritierenden Superkräfte untermalt von der meditativ repetitiven Musik des Minimalisten Phillip Glass, der hier mit Filmmusiker Marco Beltrami kooperiert. Auch ist die Besetzung des zierlichen Jamie Bell als klobig massives Steinwesen eher ungewöhnlich. Doch nach seiner Verwandlung haucht Bell dem "Ding" per Motion-Capture-Verfahren Leben ein. Seine Körperstatue spielt somit keine Rolle. Lediglich Bells traurige Augen funkeln noch in dem Steinkoloss. Der Film widmet sich so ausführlich der Figurenexposition der einzelnen Mitglieder des Superhelden-Teams, dass am Ende kaum Zeit bleibt für den obligatorischen Finalkampf mit dem (aus den ersten Comicheften bekannten) sinisteren Erzfeind Dr. Doom.
Trotz der seelenlosen digitalen Spezialeffekte im Finale, gelingt es Regisseur Josh Trank den naiven Charme der Comicvorlage aus den frühen 60er Jahren zu retten. Sein Film soll gar nicht so spektakulär sein wie die beiden Filmabenteuer der "Avengers". Der gesetzte Schwerpunkt auf die Charakterisierung der Protagonisten wirkt im positiven Sinne altmodisch und wird sich wohl erst in einem möglichen Sequel auszahlen. Denn nur wenn man Empathie für die Supernerds in Strumpfhosen empfindet, funktionieren auch die digitalen Materialschlachten, die für moderne Superheldenfilme unabdingbar sind.
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