Kritik zu Dumbo
Tim Burton inszeniert sein Remake des Disney-Zeichentrickklassikers als Mix aus Realfilm und neuester Animationstechnik. Elefant Dumbo flattert so realistisch wie nie zuvor durch die Manege
Auch er fliegt jetzt wieder: Nach »Mary Poppins« hat Disney ein weiteres altes Schätzchen, den Trickfilm »Dumbo« von 1941, neu gedreht. Wurde in »Mary Poppins' Rückkehr« der autoritäre Vater schlicht durch einen kopflosen Papi ersetzt, so ist die Aktualisierung des Schicksals des kleinen Elefanten, dessen überdimensionierte Ohren ihn zum Fliegen befähigen, nun komplizierter. Im Original wurde Dumbo wegen seiner Tollpatschigkeit von der eigenen Zirkuselefantenzunft geächtet, feierte aber ein Happy End als Star der Manege. Doch die Käfighaltung von Tieren geht im Jahre 2019 natürlich gar nicht. Regisseur Tim Burton, dem sein Ruf als Filmmagier vorauseilt, tut sich jedoch schwer damit, die Zeit bis zum erwartbaren, auf heutige Erwartungen eingenordeten Happy End spannend zu gestalten. Er legt den Hauptfokus auf erwachsene Menschen statt auf die Pein des kleinen Elefanten und raubt so der Handlung die allerliebste kindhafte Identifikationsfigur.
So beginnt der Film mit dem melancholischen Holt Ferrier (Colin Farrell), der, einst ein gefeierter Dressurreiter, einarmig aus dem Weltkrieg in den Wanderzirkus zurückkehrt. Seinen beiden Kindern, die durch den Tod der Mutter zu Halbwaisen wurden, ist der gebrochene Mann fremd geworden. Als Elefantendame Jumbo ein Junges zur Welt bringt, freunden sich die Kinder mit dem Kleinen, der wegen seines Stolperns über seine Flatterohren Dumbo (von »dumb«) genannt wird, an. Sie trösten ihn auch, als Zirkusdirektor Max (Danny DeVito) aus Geldnot Dumbos Mutter verkauft. Doch die Entdeckung von Dumbos Flugtalent rettet den Zirkus vor der Pleite. Und mit Unternehmer Vandevere (Michael Keaton), der den Familienzirkus aufkauft und in seinen gigantischen Vergnügungspark überführt, scheinen goldene Zeiten anzubrechen.
Burton konstruiert eine Rahmenhandlung, in der er einen Gegensatz zwischen einem seelenlosen, von profitorientierten Bankern finanzierten Vergnügungspark und einem nostalgisch bescheidenen »Old School«-Zirkus aufmacht. Weil der Filmemacher, der sonst stets ein Herz für Freaks hat, den Retro-Zirkusleuten jedoch wenig Zeit widmet, bleibt der Konflikt zu sehr Behauptung. Entsprechend unterfordert wirken die Darsteller; Danny DeVito weckt als wuseliger Impresario Max falsche Hoffnungen, Michael Keaton gibt in penetrantem Over-Acting einen Unternehmer, dessen psychopathische Ader auf nicht nachvollziehbare Weise seinen Geschäftssinn beeinträchtigt. Das typisch abgründige Burton-Flair kommt zwar in der Ausstaffierung des megalomanen Vergnügungsparks zur Geltung. Wirklich mitreißend ist der Film aber nur, wenn Elemente des Originals aufgegriffen und mittels modernster Animation fotorealistisch bewegt werden. Dumbo, wie er leicht wie eine Feder durch die Manege schwirrt, sein Rüsselkuscheln mit Mama, und auch die leicht abgewandelte berühmte Rosa-Elefanten-Nummer des Originals: diese leider seltenen Momente verströmen jenen Kintopp-Zauber, die dieser aufgepumpten, aber desorientierten Auftragsarbeit ansonsten fehlt.
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