Kritik zu The Devil's Rejects
Horrorfilmer Rob Zombie legt auf 1000 Leichen noch ein paar drauf
Der Rockmusiker und Filmemacher Rob Zombie gilt zu Recht als einer der wenigen genuinen Nachfolger der wilden siebziger-Jahre-Horror-Heroen wie Tobe Hooper oder Wes Craven. Sein Debütfilm »House of 1.000 Corpses« war eine große Freakshow, in der der amerikanische Horror als düster-komische Seite des Glamours dargestellt wurde. Auch sein neuer Film »The Devil's Rejects«, der wieder in den siebziger Jahren spielt und die blutrünstige Firefly-Familie in den Mittelpunkt stellt, erkundet die karnevalesken Züge des Terror-Kinos. Nicht nur spielt der großartige Sid Haig erneut den bizarren Horrorclown Captain Spaulding. Es stellt sich auch heraus, dass die meisten Mitglieder der Gruselfamilie Namen tragen, die Charakteren eines großen, bissig-zynischen Komikers entlehnt sind. Firefly, Captain Spaulding, Otis B. Driftwood: das waren Figuren des legendären Groucho Marx.
Der bigotte Südstaaten-Sheriff John Wydell, bravourös gespielt von dem Charakterdarsteller William Forsythe, hat einmal ein aberwitziges Gespräch mit einem kenntnisreichen Filmkritiker über diesen Groucho-Hintergrund der Fireflys. Der eingefleischte Elvis-Fan Wydell zeigt freilich kein Verständnis für pophistorische Findigkeiten und wünscht den Filmkritiker zur Hölle. In dieser wirklich komischen Szene ist Zombies Film auch selbstironisch, liefert er einen Diskurs über verborgene und abseitige Strömungen amerikanischer Pop-Kultur, vom Rock der Allman Brothers bis zum Charles-Manson-Kult, vom Vaudeville bis zu Western-Mythen à la Wyatt Earp und den Clantons.
Der frömmelnde Sheriff, der glaubt, Gottes Werk zu vollbringen, und die primitive amerikanische Sippe, die von sich behauptet, die Arbeit des Teufels zu verrichten: zwischen diesen beiden Parteien spielt sich der grundlegende Konflikt des Films ab. Während der Sheriff, der persönlich in den Rachefeldzug gegen die Fireflys involviert ist (sein Bruder wurde von dem Clan niedergemetzelt), die aggressive Ma Firefly festgenommen hat, sind Ma Fireflys Kinder Otis und Baby auf einem blutigen Trip. Die schrecklichen Kinder überfallen und schikanieren eine erfolglose Countryband. Bis an die Grenzen des Erträglichen geht Zombie in der Darstellung der zumeist auch sexuell motivierten Quälerei. Ganz allmählich entpuppt sich der Film als ein wüster Essay über Folter, die Darstellung von Folter und die emotionale Positionierung des Zuschauers. Manchmal denkt man sogar, der Film sei Zombies bitterböser Kommentar zu den Vorfällen im Abu-Ghraib-Gefängnis in Bagdad. Er packt den Zuschauer förmlich an der Gurgel und spielt teuflisch mit den Sympathien und Aggressionen des Betrachters. Die Firefly-Desperados, die so gnadenlos erscheinen, gewinnen wieder an Sympathie, als sie sich in der Rolle des Opfers wiederfinden und vom toughen Sheriff gefoltert werden. Am Ende, bei einem an die Road Movies der Siebziger erinnernden Showdown auf dem Highway to Hell, wird ihnen gar der Outlaw-Bonus zugestanden. Ein bitterer Nachgeschmack bleibt.
Die vielen schönen Gastauftritte von Kultstars eines alternativen amerikanischen Kinos erzeugen eine fast klassische Underground-Atmosphäre, die freilich wieder die Radikalität des Films ein wenig abfedert. Die Porno-Queen Ginger Lynn, die Warhol-Diva Mary Woronov, der Wes-Craven-Glatzkopf Michael Berryman, die »Carrie«-Hexe P.J. Soles und Ken Foree, der Held aus Romeros »Dawn of the Dead« gehören zu den Gaststars. Foree als Manager eines Bordells trägt einen irrwitzigen Namen: er heißt Charlie Altamont. Ein Hinweis auf das berüchtigte Stones-Konzert, das die Hoffnungen der Sixties blutig begrub.
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