Kritik zu Broadway Therapy

© Wild Bunch

Kultregisseur und Hollywoodaußenseiter Peter Bogdanovich – mittlerweile 75 – kehrt nach dreizehn Jahren Pause mit einer romantischen Komödie auf die Leinwand zurück

Bewertung: 4
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3.666665
3.7 (Stimmen: 3)

»Heaven, I'm in Heaven« – der Evergreen, der schon den Vorspann in leichte Schwingungen versetzt, appelliert zielsicher an das gewisse Retrogefühl, mit dem auch Woody Allen schon lange seine Fangemeinde bei der Stange hält. Vor dem filmhistorischen Auge schwebt derweil das hohe Tanzpaar Fred Astaire und Ginger Rogers mit einem jener traumhaft schönen Auftritte übers Parkett, die in den 30er Jahren Begeisterungsstürme auslösten. Kino zum Träumen und Vergessen in Depressionszeiten, eintauchen in ein süßes Nichts – das hat bis heute seinen Zauber nicht ganz eingebüßt. Obwohl Quickstep und Schwanenfedern und das ganze gesellschaftliche Brimborium von damals heute hoffnungslos passé sind. Statt Illusion pur enthüllt das Interview mit dem frisch gebackenen Star Isabella Patterson, genannt Izzy (Imogen Poots) deshalb als Erstes den geschönten Werdegang eines Callgirls, das für den Schauspielunterricht anschaffen geht, dann aber plötzlich das große Los in der Person eines spendablen Kunden gezogen hat. Der Zufall will es, dass die junge Frau – ein süßes Mädchen, ohne Frage – eines Abends bei der Arbeit im Hotelzimmer auf den Theaterregisseur Arnold Albertson (Owen Wilson) stößt, der sie nicht nur zum Abendessen einlädt, sondern ihr auch noch eine Schauspielausbildung offeriert. Soweit der folgenreiche Ausgangspunkt einer schier unentwirrbaren Geschichte. Die allerdings bezieht ihren Charme aus der Erinnerung an jenes gute alte Hollywoodkino, als die Regiegrößen Frank Capra und Ernst Lubitsch das Erzählhandwerk und das richtige Komödientiming für die Nachwelt erfunden haben. Nur, der mittlerweile 75-jährige Nachgeborene Peter Bogdanovich hat dreizehn Jahre lang pausiert und scheint nun doch ein bisschen aus der Übung.

»Schneller« soll Capras häufigste Regieanweisung gewesen sein; ihm kamen alltägliche Abläufe auf der Leinwand zu langsam (sprich zu langweilig) vor, weshalb Gasgeben angesagt war. Lubitsch verließ sich lieber auf seinen Schnitt, den er am liebsten selbst in die Hand nahm. Die rätselhaften Ellipsen, die ihm ganze Erzählpassagen ersparten, blieben indes der Fantasie der Zuschauer überlassen. Auf den legendären Lubitsch-Touch, der Plot, Sprache, Dingwelt und sprungbereite Kamera aufs Ökonomischste zu kombinieren verstand, geht auch der intensive Einsatz des Telefons als Unterbrecherkontakt zurück. Davon profitiert auch die erste Hälfte von »Broadway Therapy«, in der das Telefon unentwegt klingelt und die Hauptrolle an sich reißt, um die verbalen Jonglierkünste des besagten Broadway-Regisseurs auf die Spitze zu treiben. Den scheint das komplizierte Doppelleben zwischen Ehemann, Familienvater und Callgirl-Lover zwar nicht zu stören, hier fällt ihm jedoch die Schlüsselrolle für alle kommenden Ereignisse und Verwicklungen zu. Der ganze Tross von Ehefrau, früherem Liebhaber, dem Autor des Stücks samt Lebenspartnerin, einer Psychotherapeutin, die wiederum ihre Klientel nach sich zieht, alle bringen sie die Screwball Comedy auf Trab. Irgendwie hat jeder mit jedem zu schaffen, und alle (Männer) sind in die bezaubernde Izzy vernarrt. 

Das hier angerichtete narrative Chaos verdankt sich einem bereits fünfzehn Jahre alten Drehbuch, das sich aufgrund seiner angesagten Besetzung dennoch auf der Höhe unserer Zeit behauptet. Vor allem Owen Wilson, dem ewigen Sonnyboy mit den blonden Locken, gelingt das Kunststück, einen eigentlich unsympathischen Zeitgenossen in einen liebenswerten Schwerenöter zu verwandeln. Irdischer als Audrey Hepburn gelingt es Poots, der heute inflationär gewordenen Rolle des Callgirls im Kino ihre besondere Note, ihren ganz eigenen keuschen Wunderglauben zu verpassen. Nur der penetrante Running Gag »Eichhörnchen für die Nüsse«, eine Zweideutigkeit aus Lubitschs letztem Film »Cluny Brown«, datiert einen Film, der sich die liebenswerten Verrücktheiten aus alten Zeiten auf die Fahnen geschrieben hat und dafür seine Fans gewiss finden wird.

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