Kritik zu Body of Truth
Dokumentarfilmerin Evelyn Schels porträtiert vier Künstlerinnen: Marina Abramovic, Shirin Neshat, Katharina Sieverding und Sigalit Landau
So vielversprechend ein dokumentarischer Stoff auch sein mag: Das alleine reicht nicht. Es braucht auch im nonfiktionalen Bereich eine filmische Aneignung, eine sinnvolle Transformation in die Bildsprache.
Dokumentarfilmerin Evelyn Schels hat sich bereits mit ihrer Hommage zum 75. von Georg Baselitz in der Kunstszene bewegt. Hier nun versammelt sie vier renommierte Künstlerinnen. Der Popstar des illustren Quartetts ist die serbische Künstlerin Marina Abramovic, bekannt für ihre extremen Performances, in denen sie den eigenen Körper an die Grenzen bringt. Neben ihr porträtiert der Film die iranische Foto- und Filmkünstlerin Shirin Neshat, die deutsche Fotokünstlerin Katharina Sieverding und die israelische Video- und Installationskünstlerin Sigalit Landau.
Bereits die Quantität entpuppt sich als ein Problem: Vier Personen sind einfach zu viel, um einen wirklich fundierten Einblick in Leben und Werk aller Künstlerinnen geben zu können. Schels lässt die Frauen über sich und ihre Arbeit reflektieren und illustriert die Äußerungen mit historischen Bildern und Aufnahmen der Performances, Installationen und Fotoreihen. Doch anstatt eine produktive Gegenüberstellung oder Reibungen zu suchen, ist ihr Film kaum mehr als eine Aneinanderreihung künstlerischer Positionen.
Abramovic, Tochter eines jugoslawischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg, hat selbst den Jugoslawienkrieg miterlebt und betreibt eine gewaltvolle Trauerarbeit. Exil-Iraniern Shirin Neshat verhandelt in ihren Bildern widersprüchliche islamische Gesellschaft und das Missverhältnis zwischen Mann und Frau. Landau, die jüngste im Bunde, thematisiert den Nahostkonflikt vor ihrer eigenen Haustür. Etwa in jener eindrücklichen Performance, in der der in ihrer Heimat allgegenwärtige Stacheldrahtzaun zu einem Hula-Hoop-Reifen wird, der Wunden reißend um ihre Hüfte kreist.
Und Sieverding, tja, was soll man sagen bei allem Respekt für ihre Kunst? Sie will einfach nicht hineinpassen in diese Riege Künstlerinnen, deren Körper aus den eigenen Erfahrung heraus zur Projektionsfläche einer politischen Kunst werden. In ihr manifestiert sich jenes Gefühl von Willkür, das den Film unterschwellig begleitet.
Sicherlich: Für sich genommen sind die Positionen aller Künstlerinnen stark, bleiben einige gezeigte Arbeiten hängen. Etwa die Performance »Dead Sea«, in der Landau auf dem Toten Meer inmitten einer sich langsam aufdröselnden Spirale aus Melonen liegt. Doch wie Schels den Künstlerinnen eine Bühne zu bieten versucht, ist die meiste Zeit uninspiriert und gelegentlich auch unfreiwillig komisch. Warum etwa werden die Frauen mit Soundgewitter vor schwarzem Hintergrund wie Charlies Engel in Szene gesetzt?!
»Der Geist kann lügen. Meistens tut er das auch. Doch der Körper lügt nie«, sagt Abramovic gleich zu Beginn vielversprechend. Leider kann »Body of Truth« das Versprechen nicht halten, es fehlt dem Film einfach an Geist und an Körper.
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