Kritik zu Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums
Aitch Alberto adaptiert einen Jugendroman über queere Teenager im texanischen El Paso der 80er Jahre
Vielleicht ist es an der Zeit, dem inzwischen auch schon 40 Jahre alten Song »Smalltown Boy« von Bronski Beat mal eine Pause zu gönnen, wenn es darum geht, Geschichten über junge queere Männer zu erzählen. Dieser Gedanke schießt einem gleich zu Beginn des Films »Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums« durch den Kopf. Vorstadtsetting, 1980er Jahre, ein pubertierender Teenager, der sehr deutlich spürt, dass er anders ist als die meisten seiner Altersgenossen – man versteht schon, warum Regisseurin Aitch Alberto sich zur Einführung ihres Protagonisten für dieses Lied entschieden hat. Doch so naheliegend die Wahl ist, so unpassend wirkt sie hier auch. Denn wir befinden uns nicht in Großbritannien, sondern in der Latino-Community der US-amerikanischen Grenzstadt El Paso, und irgendwie wird man den Gedanken nicht los, dass es originellere Songs gegeben hätte.
Aber kommen wir zum Wesentlichen. Besagter Aristoteles (Max Pelayo), Spross einer mexikanischen Arbeiterfamilie und von den meisten Ari genannt, lernt eines Sommers im Schwimmbad einen Gleichaltrigen mit ähnlich schwergewichtigem Namen kennen. Dante (Reese Gonzales) ist mit seiner sprudelnd-verschrobenen Art und dem akademischen Mittelklasse-Hintergrund eigentlich das Gegenteil des stillen Einzelgängers Aristoteles, aber letztlich genauso eigenwillig. Die beiden werden schnell enge Freunde.
Am Ende des Sommers allerdings muss Dante sich verabschieden, die Familie zieht für ein Jahr nach Chicago. Immer wieder schreibt er seinem neuen besten Freund ausführliche Briefe, in denen er schließlich auch von seinem Coming-out berichtet. Derweil wächst Ari zu einem immer selbstbewussteren, abgehärteteren jungen Mann heran, der in sich selbst in Sachen Schweigsamkeit und angestauter Wut immer mehr Familienmerkmale erkennt. Als die beiden Jungs sich schließlich wiedersehen, ist keiner mehr derselbe – und ihre Freundschaft grundlegend verändert.
Regisseurin Alberto ringt erkennbar mit der gleichnamigen Romanvorlage von Benjamin Alire Sáenz. In den Briefpassagen der Geschichte weiß sie sich bloß mit Off-Erzählung und Montagen zu helfen, immer wieder gibt es holprig inszenierte Szenen oder Dialoge, die nicht bis ins Letzte überzeugen. Was ohne Frage auch für die Maske von Eugenio Derbez (der neben Kyra Sedgwick und Lin-Manuel Miranda auch zu den prominenten Produzenten gehört) als Aris Vater gilt. Und mancher Aspekt der Geschichte, wie Aris im Gefängnis sitzender Bruder, über den keiner spricht, kommt schlicht zu kurz.
Doch »Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums« gehört gleichzeitig zu den Filmen, die trotz aller Schwächen keinen Ärger hervorrufen. Was zuvorderst an den charmanten jungen Hauptdarstellern liegt und ihrer berührenden Geschichte. Wenn die beiden am Ende gemeinsam in den Sternenhimmel gucken und ihre Freundschaft noch mal eine ganz neue Wendung genommen hat, kann man kaum anders als gerührt sein.
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