Kritik zu Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln

© Walt Disney

James Bobin ersetzt Tim Burton auf dem Regiestuhl, sonst bleibt die Fortsetzung der Carroll-Verfilmung ganz dem künstlichen Geist des Kinohits von 2010 treu

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Sechs Jahre sind eine halbe Ewigkeit in der Welt der milliardenschweren Blockbuster, und so ist es fast schon erstaunlich, dass Tim Burtons »Alice im Wunderland« nun doch noch zu einer Fortsetzung kommt. Dabei bot sich ein Sequel selten so sehr an wie hier. Nicht nur, weil der Film 2010 weltweit mehr als eine Milliarde Dollar einspielte, sondern auch weil Lewis Carroll selbst mit »Alice hinter den Spiegeln« bereits im 19. Jahrhundert seinem populären Kinderbuch einen zweiten Band verpasst hatte.

Dass nun für »Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln« Burton nicht mehr als Regisseur zur Verfügung stand, sondern lediglich als Produzent involviert war, ist ebenso wenig verwunderlich wie bedauerlich, war doch der erste Film einer der uninspiriertesten im Werk des für seine fantastischen Welten bekannten Amerikaners. Statt seiner durfte der Brite James Bobin ran, der sich dank der letzten beiden »Muppets«-Filme mit der Gratwanderung zwischen junger und erwachsener Zielgruppe durchaus auskennt. Doch auch er verhebt sich an dem Stoff, der hier Carrolls Vorlage nur mehr sporadisch tangiert.

Die gänzlich hinzugefügte Rahmenhandlung ist eigentlich das interessanteste Element: Beflügelt von ihren Erlebnissen im Wunderland drei Jahre zuvor hat Alice (Mia Wasikowska) sich zur Kapitänin des Schiffes ihres Vaters aufgeschwungen, bereist die Weltmeere und erweist sich immer wieder als tapfere Heldin. Zurück in London allerdings wird so viel Emanzipation ungern gesehen, ja der verschmähte Fast-Verlobte von damals will sogar weitere Seefahrten verhindern. Doch solche Sorgen treten bald in den Hintergrund, als es sie durch magische Spiegel hindurch wieder in die Welt ihrer wundersamen Freunde verschlägt. Dort geht es dem Hutmacher (Johnny Depp) so schlecht, dass sie für seine Rettung die Zeit zurückdrehen muss, wobei sie es mit jener selbst (Sacha Baron Cohen als Mischung aus Mensch und Uhrwerk) genauso zu tun bekommt wie mit der Roten Königin (Helena Bonham Carter) und dem Jabberwocky.

Man darf davon ausgehen, dass Bobin machtlos war angesichts des Erbes, das er mit »Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln« antreten musste. Eine eigene Handschrift konnte er dem Film jedenfalls nicht verpassen, noch immer sind die Farben zu grell, das Erzähltempo zu hektisch und die CGI-Effekte derart omnipräsent, dass sich früh ein ermüdendes Gefühl von liebloser Künstlichkeit breitmacht. Eine überfrachtet-verschachtelte Geschichte macht die Sache dabei nur noch schlimmer.

Wirklich fantasievoll oder wenigstens amüsant ist diese Fortsetzung noch seltener als der Vorgänger, und wenn dann eher wegen Wasikowska als durch Depp in seiner nach wie vor nervigsten Rolle. Die 108 Minuten fühlen sich am Ende fast so lang an wie die Zeit, die in diesem Fall zwischen Kinohit und überflüssiger Fortsetzung verging.

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