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28.11.2024
Enrique Sánchez Lansch 61, Regisseur und Produzent, wuchs in Gijón, Spanien, und Köln auf, lebt seit 2002 in Berlin. Er dreht vor allem Dokumentarfilme, meist mit musikalischem Bezug – darunter der vielfach preisgekrönte »Rhythm Is It!«, »Sing um Dein Leben«, »The Promise of Music« und »Das Reichsorchester«. Sein neuer Film »Pol Pot Dancing« startet am 5.12. in den Kinos.
Auffallend stark beworbener und positiv rezensierter Film
Wer hat etwas davon, Missbraucherpriester auf fast schon rührende Weise als nach Zuneigung dürstende emotionale Mängelwesen darzustellen? Und die Protagonisten aussehen zu lassen, wie frisch diesen Vatikan-Pirelli-Kalendern entsprungen, gemacht für Leute, die auf hübsche junge Männer stehen?
Missbrauch als etwas unbeholfene Art, seine „Liebe“ zu Kindern zu demonstrieren, weil man zu verklemmt für Sex mit Erwachsenen ist?!?! Diese verzerrte Darstellung finde ich richtig gefährlich. Auf Menschen die Einblick haben, wie die sexuelle Ausbeutung von Heranwachsenden durch Kleriker und deren systematische Vertuschung in Wirklichkeit ablaufen, muss so eine Sicht pervers wirken. Wir finden sie leider auch in den von der Kirche in Auftrag gegebenen und als seriöse Studien deklarierten Beschreibungen irgendwelcher priesterlicher Missbrauchstäter und ihrer Verbrechen. Dazu zählen die von Leygraf (Deutschland) und die John-Jay-Studie (USA).
In Wirklichkeit ist die Rate an Priestertätern, die ganz klar mit sadistisch-ritualisiertem Fokus missbrauchen erschreckend hoch. Routinierte Kinderquäler. Allein die Schilderungen der Kirchenopfer, die sich bisher in Deutschland an die Öffentlichkeit wagten, legen diesen Schluss nahe.
Und wenn man sie mit den Berichten von Opfern aus anderen Ländern vergleicht und feststellt, dass die Abläufe und Bedingungen sich auf frappierende Weise ähneln, dann springt einen die Vermutung, dass diese Menschen offenbar eine regelrechte Ausbildung zum Täter erhalten geradezu an. Wo, wann und durch wen auch immer.
Die KirchenvertreterInnen, darunter auch einige, die nicht müde werden, sich als selbstlose Aufklärer zu generieren haben es fast geschafft, den Opfern und den Medien die Kontrolle über die Berichterstattung wieder abzujagen. Mit dem Ziel, das Image der Kirche nach dem Missbrauchstsunami zu verbessern.
Dabei handelt es sich beim Tatort Katholische Kirche um systematische, multimodale Kriminalität. Auch um Wirtschaftsverbrechen, die häufig mit sexueller Ausbeutung einher gehen. Täter pflegen ihre Tatorte. Wer missbraucht, hinterzieht auch Geld. Lügt, betrügt, spioniert. Für eine Organisation, die es mit staatlichem Recht und Gesetz und allgemeinen moralischen Grundsätzen nicht so genau nimmt, weil sie glaubt, bessere Maßstäbe zu haben, können das wertvolle Mitarbeiter sein.
So etwas kann und darf unsere Gesellschaft aber nicht dulden. Eine unabhängige Untersuchung gerade der in kirchlichen, aber auch weltlichen Institutionen begangenen Missbrauchsverbrechen muss sein.
Wie sagte Patrick Wall, ehemaliger Benediktiner im Dienste der großen Vertuscher, jetzt Opferaktivist und Familienvater so treffend und wohl nicht ohne Grund in einem Interview des Tagesspiegel: „Ich habe an gut 1000 Fällen von sexuellem Missbrauch mitgearbeitet. Nach dem, was ich da erfahren habe, darf mein Kind nicht mal in die Nähe einer katholischen Kirche kommen.“
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden