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28.11.2024
Enrique Sánchez Lansch 61, Regisseur und Produzent, wuchs in Gijón, Spanien, und Köln auf, lebt seit 2002 in Berlin. Er dreht vor allem Dokumentarfilme, meist mit musikalischem Bezug – darunter der vielfach preisgekrönte »Rhythm Is It!«, »Sing um Dein Leben«, »The Promise of Music« und »Das Reichsorchester«. Sein neuer Film »Pol Pot Dancing« startet am 5.12. in den Kinos.
Stellungnahme zur Kritik am Film "Children of Men".
Ich finde die Kritik verfehlt. Das Geschehen im Film ist ein Albtraum, den wir z.T. heute schon erleben. Menschen ertrinken ohne unsere Kenntnisnahme täglich im Mittelmeer, und was da im Film passiert ist, ist heute schon Realität, die nur noch nicht in unseren Wohnorten aufgeschlagen ist, weil die Menschen gar nicht mehr zu uns kommen, weil Europa sich gnadenlos abschottet.
Die Fiktion dieses Films ist gar nicht so fiktiv, wie man meinen könnte. Die Menschlichkeit an sich ist das große Thema dieses ausgezeichneten Films. Hautfarbe, Alter, Geschlecht, politische Ausrichtung, Widerstand, Aufgabe der politischen Einstellung, Trunksucht, Auseinanderleben in den zwischenmenschlichen Beziehungen, das Wiedererstarken faschistischer Tendenzen, Hinrichtungen, Wegsperrungen... - man könnte diese Liste endlos fortsetzen. Aus meiner Sicht ist es einer der gelungensten Filme aller Zeiten, weil er aus seiner Zeit heraus tatsächlich die heutigen Probleme in den Mittelpunkt stellt und uns vor den derzeit recht verborgen gehaltenen Extremitäten am Mittelmeer und den täglich uns unbekannten bösen Geschehen an den Grenzen Europas warnt.
Ich habe diesen Film nun schon mindestens 6 mal gesehen und es schaudert mich, welchen Bezug er zur derzeitigen Realität hat. Das ganze wird noch verstärkt durch den stattfindenden Brexit, der diesen Film und die Zukunft im Film noch drastisch befördert. Einzigartig, großartig, überzeugend und sehr realistisch dargestellt trotz der märchenhaften Sequenzen; aber davon lebt so ein Film mit seiner Gesellschaftskritik und zeigt uns recht ehrlich, was unsere beschissenen Zukunftsaussichten angeht, wenn wir so weitermachen.
Zu kritisieren wäre vielleicht mehr die umfassende Hoffnungslosigkeit unserer menschlichen Zukunft, aber das Ende des Films bringt es auf den Punkt:
Das Schiff mit dem Namen "Tomorrow" taucht auf, aber es wird nicht mehr gezeigt, ob es die junge Frau mit ihrem Kind an Bord nimmt. Wir müssen selbst an unserer Zukunft arbeiten und können nicht auf Befreiung von aussen und nicht vorhandenen Helden warten: Wir sind die Akteure der Zukunft unseres Planeten.
Was für ein toller Film! MfG: Günter Sievers.