Kritik zu Rico, Oskar und die Tieferschatten

© 20th Century Fox

Mit Preisen überhäuft, gehört Andreas Steinhöfels gleichnamiger Roman mittlerweile zur Schullektüre. Neele Leana Vollmar (Maria, ihm schmeckt’s nicht!) hat ihn verfilmt

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Gegensätze ziehen sich an. Groß und klein, mutig und ängstlich, tief- und hochbegabt. Das sind Rico und Oskar, zwei sehr unterschiedliche Jungen aus Berlin, die allerdings eins gemeinsam haben: Sie haben keine Freunde. Jeder ist auf seine ganz eigene Art außergewöhnlich, und während Rico bei seiner Mutter lebt, wohnt Oskar bei seinem Vater. Schon Andreas Steinhöfels Buchvorlage ist ein großartiges Lesevergnügen. Nun hat Neele Leana Vollmar daraus ein hinreißendes Stück Kino gemacht. Und weil der Roman so perfekt ist, wurde im Drehbuch fast nichts an der Geschichte geändert.

Rico vertreibt sich die Sommerferien mit seiner Sammlung von auf der Straße aufgelesenen Fundstücken und rätselt darüber, wie eine gekochte Nudel mit Gorgonzolasoße auf dem Gehsteig vor seinem Haus gelandet ist. Er hat den Blick für Details, weil ihm der Überblick fehlt, und schon der Weg zum Laden gelingt ihm nur mit Hilfestellungen. Er hat stets seinen Kassettenrekorder dabei, der ihm den Weg beschreibt oder er orientiert sich am roten Schal, den seine Mutter an die Laterne geknotet hat: hier links abbiegen, oder war es rechts?

Oskar dagegen trägt einen Helm, weil er um die unzähligen Gefahren weiß, die die Welt für ihn bereithält. Er kennt Unfallstatistiken auswendig und auch in der Küche kann so einiges passieren. Als sich Rico und Oskar begegnen, treibt gerade »Mister 2000« sein Unwesen in der Stadt, ein Schnäppchen-Kinderentführer, der für 2000 Euro seine Opfer wieder freilässt – für den Preis ruft doch keiner die Polizei. Das ist ein Fall für Rico und Oskar, die nach dem Entführer suchen und auch dem Geheimnis der Tieferschatten auf den Grund gehen.

Das Universum der Geschichte ist relativ überschaubar, ein Universum, das ganz aus Sicht der Kinder beschrieben ist. Ricos Haus wird bevölkert von den unterschiedlichsten Nachbarn, bis in die kleinste Nebenrolle hochkarätig besetzt, unter anderem mit  Axel Prahl, Ronald Zehrfeld, Anke Engelke oder Karoline Herfurth, der ihre Rolle als Ricos berlinernde Mutter sichtlich Spaß macht. Um Ricos Welt, die er als Bingotrommel beschreibt, wo manchmal eine Kugel herausfällt, zu verbildlichen, arbeitet der Film mit Animationen, die aus dem Buch entlehnt sind. Wir sehen Ricos Weg, den er über das Dach nimmt, oder den Wohnungsbrand, der zur Einsturzgefährdung des Nebenhauses führte, als Buchillustration skizziert. In einem Kinderfilm war selten so viel Ernsthaftigkeit kombiniert mit schlagfertigem Humor. Jedem Charakter gebührt seine ganz eigene Sympathie, und es ist der Regisseurin gelungen, nicht mit plakativen Stereotypen zu arbeiten, denen wir  so häufig in Kinderfilmen begegnen. Wir wissen nicht – es sein denn, wir haben das Buch gelesen – wer hinter »Mister 2000« steckt und erst langsam werden wir mit den Kindern das Rätsel lösen.

Den Titelsong »Mein Kopf spielt Bingo« lieferten die Sportfreunde Stiller und er gibt damit den perfekten Rhythmus zum Film vor. Das Lied wird uns als Erinnerung den Sommer über begleiten und die Filmbilder wieder wachrufen, wenn wir schon lange aus dem Kino draußen sind.

Sportfreunde Stiller - Mein Kopf spielt Bingo (Musikvideo)  © 20th Century Fox

Meinung zum Thema

Kommentare

Ich als Hochbegabte finde den Film und das Buch nicht sehr gelungen, da in ihnen viele Klischees über uns Hochbegabte vorkommen.
Ich trage keinen Helm und beim Eis bestellen bin ich auch nicht so genau. Außerdem wusste ich auch bevor ich das Buch gelesen hatte nicht, wie weit der Mond von der Erde entfernt ist.

Fazit: Der Film kann an manchen Stellen witzig sein, doch für uns Hochbegabte ist das nicht wirklich toll.

...aber wir von der dGhK haben den Film sehr gefeiert und den Helm als gelungene und witzige Metapher verstanden.

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