Kritik zu Maroa

- kein Trailer -

Mozart gegen Gewalt und Armut: mit viel inszenatorischem Geschick erzählt Solveig Hoogesteijn die Geschichte eines 11-jährigen Mädchens aus Venezuela, das den Sprung aus der Gosse zur Klarinetten-Virtuosin schafft

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Mit ihren elf Jahren hat es Maroa, ein verwaistes Straßenkind aus Caracas, bereits faustdick hinter den Ohren. Sie lebt bei ihrer Großmutter, einer Hure und Wahrsagerin, die ihre Enkelin dazu verdonnert, Geld durch den Verkauf von Heiligenbildchen hinzuzuverdienen. Pornos, die Maroa nebenbei vertickt, sind aber gefragter. Ihre Großmutter sieht das nicht gerne. Doch ihr Verbot hat keine erzieherische Funktion, denn das Geld, das Maroa durch den Verkauf der Sexmagazine heimbringt, behält die Großmutter trotzdem ein.

Dank dieser klar strukturierten Alltagsbeobachtung schafft es die in Schweden geborene Venezolanerin Solveig Hoogesteijn, ihren Film aus der Perspektive eines auf sich gestellten Mädchens zu erzählen. Mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln gelingen dem Film interessante Bilder. Die erste Hälfte dieses Jugenddramas atmet eine ähnliche Frische wie Fernando Meirelles' und Katja Lunds »City of God«. Mit dem Unterschied, dass Hoogesteijns Geschichte nicht ganz so blutrünstig ist, weil sie von einem Mädchen handelt.

Laiendarstellerin Yorlis Domínguez verkörpert diese aufgeweckte Analphabetin mit einer Mischung aus Unschuld, Sinnlichkeit und Gewaltbereitschaft. Wenn Maroa sich mit einer Rasierklinge, die sie in ihren wuscheligen Haaren versteckt, gegen einen zudringlichen Polizisten wehrt, so nimmt man der Darstellerin diese Szene durchaus ab.

Sehenswert ist dieser sympathische, »kleine « Film auch deshalb, weil das eigentliche Thema, die Musik als erzieherische Möglichkeit, um den Slums zu entkommen, verhalten und dramaturgisch geschickt entfaltet wird. Die Musik ist wichtig, bildet aber nicht den einzigen emotionalen Fokus. »Maroa« ist nicht einfach die lateinamerikanische Version von »Die Kinder des Monsieur Mathieu«. Die Regisseurin nimmt sich viel Zeit, um den widerborstigen Charakter dieses Mädchens an der Schwelle zum Erwachsenwerden zu zeichnen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass sie einen Kioskbesitzer – einer der wenigen, die nett zu ihr waren – verrät, um in eine Bande aufgenommen zu werden. So verschuldet sie den Tod ihres einzigen echten Freundes und landet nach einem misslungenen Raubüberfall im Jugendgefängnis. Dort schließlich begegnet sie dem verkrachten Musiker Joaquín (Tristán Ulloa), der aus begabten Gefängniskindern ein Orchester formt.

»Maroa« ist eine Hommage an den venezolanischen Komponisten José Antonio Abreu, dem es in den siebziger Jahren, als in Venezuela das Öl boomte, gelang, das sogenannte »Sistema de Orquesta Juvenile Infantil de Venezuela « zu gründen, dessen Dienste heute über 250.000 Kinder in Anspruch nehmen.

Leider verflacht der Film in der zweiten Hälfte etwas. In die erotisch gefärbte Beziehung des Musikpädagogen zu seiner pubertierenden Gassen-Lolita mischen sich einige schräge Töne. Auch Nebenfiguren wie der brutale Polizist sind nicht differenziert gezeichnet. Zu den Stärken des Films zählen die gelungene Hauptfigur sowie der halbdokumentarische Blick auf die Armutsviertel in Caracas.

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