Kritik zu Mr. Nobody

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In seinem ersten Film seit 13 Jahren sinniert Jaco Van Dormael (»Toto der Held«, »Am achten Tag«) über den Zufall und den Sinn des Lebens

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Im Jahr 1996 begeisterte der belgische Regisseur Jaco Van Dormael mit dem Roadmovie »Am achten Tag« das Publikum und weite Teile der Kritik. Danach wurde es lange still um ihn. 13 Jahre später meldete er sich beim Venedig Filmfestival 2009 mit »Mr. Nobody« zurück, einem sperrigen Existenzialismusstück, in dem Dormael Motive aufgreift, die bereits den Ausgangspunkt seines ersten Kinofilms aus dem Jahr 1991 bildeten: in »Toto der Held« blickte ein alter Mann auf sein Leben zurück, überzeugt, dass er als Baby im Krankenhaus mit dem Nachbarsjungen vertauscht wurde und fortan dessen profanes Leben führen musste.

Auch »Mr. Nobody« handelt von einem Mann, der sich am Ende seiner Tage fragt, ob er das »richtige« Leben geführt hat: Im Jahr 2092 ist der 120 Jahre alte Nemo Nobody (Jared Leto) der letzte sterbliche Mensch in einer Welt, in der niemand mehr stirbt. Kurz vor seinem Tod hält er eine Rückschau auf sein Leben und geht der Frage nach, wie es verlaufen wäre, hätte er in bestimmten Situationen andere Entscheidungen gefällt. In verschachtelten Rückblenden spielt der Film Nobodys unterschiedliche Lebenswege durch – von der Entscheidung, nach der Trennung seiner Eltern bei Vater oder Mutter aufzuwachsen, bis zu der Frage, mit welcher der drei großen Lieben seines Lebens er wohl am glücklichsten geworden wäre.

In den 13 Jahren seiner Schaffenspause hat Jaco Van Dormael offenbar nicht so sehr eigene Gedanken gesammelt, sondern vielmehr Ideen aus anderen, besseren Filmen zusammengeklaubt. Von »2001« und »Harold und Maude« über Kieslowskis »Der Zufall« möglicherweise bis hin zu »Der schmale Grat« und »Matrix« bedient er sich bei so ziemlich allen großen Filmen, die sich mit Fragen nach dem Sein und dem Schicksal, den Konsequenzen persönlicher Entscheidungen und der Relativität von »Realität« beschäftigt haben – und das Ganze in einer Ästhetik, die irgendwo zwischen dem Surrealismus von David Lynch und der gefälligen Niedlichkeit von »Die fabelhafte Welt der Amelie« changiert. »Hommage« könnte man diese Versatzstücke nur nennen, wenn sie in etwas Eigenständiges eingebunden wären. Dass das hübsch anzusehende Pastiche am Ende nicht wirklich Sinn macht, fällt da kaum noch ins Gewicht. Dank eines für europäische Verhältnisse monströsen Budgets von weit über 30 Millionen Euro bewegt »Mr. Nobody« sich handwerklich auf beachtlichem Niveau (bezeichnenderweise wurde das Szenenbild in Venedig preisgekrönt), und mit Jared Leto kann Dormael einen hervorragenden Hauptdarsteller vorweisen.

Anders als in »Toto der Held« macht Dormael jedoch aus dieser »Was wäre wenn«-Idee keine Tragikomödie – diesmal schwebt ihm der ganz große existenzialistische Wurf vor. Mit bedeutungsschwangerem Gestus breitet er die Varianten von Nemo Nobodys Leben vor uns aus und lässt allein schon durch den wenig subtilen Namen des Protagonisten keinen Zweifel daran, dass dieser »Niemand Niemand« natürlich stellvertretend für »alle und jedermann« steht. Eine ernste Miene macht allerdings noch keinen bedeutenden Film.

Meinung zum Thema

Kommentare

Der Autor der Kritik hat den Film nicht verstanden und sollte ihn vielleicht noch einmal ansehen. Es ist der kleine Junge der nach vorne schaut und sich den alten Mann vorstellt. Dieser alte Mann ist auch nicht auf der Suche nach dem optimalen Lebensweg. Aber all dass erfährt man beim anschauen. Ich werden den Film auch noch ein drittes mal sehen.

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