Schwarzer Mann im Ku Klux Klan
Fast 30 Jahre ist es her, dass Spike Lee mit einem Film im Wettbewerb von Cannes angetreten ist. Damals, 1989, wurde sein »Do the Right Thing« als großer Favorit auf die goldene Palme gehandelt – und ging am Ende doch leer aus. Lee machte den Jury-Präsidenten Wim Wenders dafür verantwortlich und ließ sich zur Drohungen hinreißen: Er habe einen Baseball-Schläger im Schrank mit Wenders' Name drauf. Für die »unreifen Bemerkungen« hat sich Lee längst entschuldigt. Dass die Premiere seines neuen Films »BlacKkKlansman« nun fast direkt auf die der neuen Wim Wenders-Dokumentation über Papst Franziskus, »Ein Mann seines Wortes« folgte, erscheint wie Ironie des Schicksals. Für seinen hochamüsanten und zugleich bitterbösen »BlacKkKlansman« wird Lee erneut als Palmen-Favorit gehandelt.
Die Prämisse klingt nach einem schlechten Witz, geht aber auf eine wahre Geschichte zurück. Ende der 70er Jahre verschaffte sich in Colorodo Springs ein schwarzer Polizist namens Ron Stallworth Zugang zum Ku Klux Klan, brachte es nicht nur zum Mitgliederausweis, sondern wurde sogar gebeten, seine lokale Einheit anzuführen und sprach direkt mit dem notorischen weißen Rassisten David Duke, dem damaligen »Grand Wizard« (»Großer Zauberer«) des Klans und heutigem Trump-Unterstützer.
Spike Lee, mittlerweile einer der Altmeister des »Black Cinema« erzählt in »BlacKkKlansman« die schier unwahrscheinliche Geschichte der Undercover-Aktion mit der lustvoll-clownesken Energie eines Comedy-Sketches nach. Ron Stallworth wird von John David Washington – Sohn von Denzel – verkörpert, der seinem Helden das Charisma eines jugendlichen Draufgängers mit Überzeugung verleiht. Adam Driver spielt sein »weißes Double«, wenn es darum geht, den Klan-Mitgliedern von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu treten. In einem Team von weiteren kaltschnäuzigen Ermittlern lassen sie den Klan und dessen Pläne für ein Attentat gegen die Schwarze Studentenvereinigung der Stadt hochgehen – für dieses eine Mal.
»BlacKkKlansman« ist alles andere als eine subtile Auseinandersetzung um den damals wie heute virulenten Rassismus in den USA. Lee zitiert die angeberische Coolness der »Blaxploitation«-Filme genauso wie die Abgebrühtheit der 70er-Jahre-Polit-Thriller und würzt beides mit finsterem, aber stets zündendem Humor. Von der ersten Szene an, in der Alec Baldwin als Brandredner des weißen Rassismus auftritt, schwingt im Film trotz historischer 70er-Jahre-Frisuren und -Klamotten die Gegenwart voll mit. Baldwin tritt in der wöchentlichen Comedy-Sendung »Saturday Night Live« regelmäßig als Trump-Imitator auf. Die Trump-Sprüche von »America First« und »Make America Great Again« zeigt Lee hier sozusagen in ihrer Heimatumgebung. Und den von Topher Grace verkörperten David Duke lässt er vorausschauende Worte sprechen über die Langzeit-Strategie, Bigotterie in den USA wieder wählbar zu machen.
Gleichzeitig ist der Film voll grotesker Überzeichnungen: die Klan-Leute sind zum größeren Teil so tumb wie dick, während die schwarze Studentenschaft, mit der Stallworth sich anfreundet, aus farbigen Supermodells besteht. Das Spiel mit der Politik der Körper und ihrer wahrgenommenen Schönheit dreht Lee mit Absicht hier einmal um. Und wie die weißen Polizisten, die Stallworth unterstützen, geht der Popkultur-versierte Zuschauer willig mit in einem Kampf, in dem Gut und Böse, Schön und Hässlich so klar sortiert sind wie in einem Western, – melancholisches Happyend mit eingeschlossen.
Dann aber ändert Lee mit einer Schlusssequenz noch einmal radikal den Ton: Mit den Bildern der Neonazi-Aufmärsche in Charlottesville vom August 2017 und Trumps Kommentaren dazu wendet sich Lee mit einem »Glaubt nicht, dass es so einfach ist« gegen das »Feelgood«-hafte seines eigenen Films. »BlacKkKlansman« mag kein perfekter Film sein, mit seinem Agitprop-Stil liegt er quer zum üblichen Cannes-Autorenkino-Geschmack. Sein Publikum wird der Film auch ohne Palme finden.
Letzteres gilt umso mehr für den anderen großen Rückkehrer an die Croisette, dem vor sieben Jahren wegen seiner unglücklichen Pressekonferenz-Bemerkungen über eine vorgebliche Sympathie zu Hitler zur »persona non grata« erklärten Lars von Trier. Mit warmen Applaus wurde der dänische Regisseur vor der Premiere seines neuen Films »The House That Jack Built« nun quasi willkommen zurück geheißen. Im Lauf des Films nahm das neue Wohlwollen jedoch schlagartig wieder ab: zwar hatte ein Ticketaufdruck die Premierenzuschauer vor dem explizit gewalttätigen Inhalt gewarnt, was Lars von Trier jedoch seinen von Matt Dillon verkörperten Serienkiller im Film anrichten lässt, überstieg dann doch den Fassungswillen so mancher Zuschauer. Dementsprechend gemischt fielen die Urteile am Ende aus. Da »The House That Jack Built« außerhalb des Wettbewerbs läuft, wird sich die Kontroverse darum in Grenzen halten.
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