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Gerhard Midding

In den letzten Monaten hatte ich mehrfach Gelegenheit, mich mit dem Verhältnis des Kinos zu 1968 zu beschäftigen. Mein Augenmerk richtete sich fast ausschließlich auf die hierfür naheliegenden Kinematographien in West- und Osteuropa sowie Nord- und Lateinamerika. Die Wiederaufführung von »Funeral Parade of Roses« ist nun ein willkommener Anlass, den Blick nach Japan zu werfen.

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Die amerikanische Immobilienbranche ist letzthin durch das Gebaren und die Geschäftspraktiken des derzeitigen US-Präsidenten schwer in Verruf geraten. Aber man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass es in diesem Gewerbe auch weiße Schafe gibt. Zu ihnen darf man Charles S. Cohen zählen. Da ich kein Wirtschaftsjournalist bin, kann mich zwar nicht dafür verbürgen, dass es bei seinen Immobiliengeschäften stets korrekt zugeht. Aber seine Nebentätigkeit, dessen kann ich Sie versichern, übt er ohne Fehl und Tadel aus.

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Zu den Filmberufen, die am meisten überschätzt werden, gehört der des Regisseurs. Gewiss, es geht nicht ohne ihn. Aber meist übertreiben wir maßlos, wenn wir ihm, aus Denkfaulheit oder Mangel an Phantasie, die alleinige künstlerische Urheberschaft zuschreiben. Er ist eine nützliche Briefkastenadresse, die es uns erspart, genauer nachzuforschen, was denn wohl der Beitrag der Drehbuchautoren, Kameraleute, Cutter sowie der Szenen- und Kostümbildner am fertigen Film ist.

Gerhard Midding

Manchmal bleiben die interessantesten Äußerungen, die während eines Interviews fallen, auf der Strecke. Aus zunächst erfindlichen Gründen, die aber im Nachhinein dumm und absurd erscheinen, schaffen sie es nicht in die veröffentlichte Fassung. Das ist vertrackt, denn eigentlich hat man beim Schreiben meist auch die Nachwelt im Kopf.

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Es war ziemlich ausgeschlossen, dass aus Philippe Sarde je etwas anderes als ein Musiker werden konnte. Er wurde, wie er bei unserer ersten Begegnung sagte, quasi im Orchestergraben geboren: Seine Mutter war Opernsängerin und sein Pate der große Georges Auric. Als seine Mutter einmal die Carmen sang, faszinierte ihn der Dirigent der Oper so sehr, dass der spätere Filmkomponist sich daheim aus der Küche Spaghetti holte und mit ihnen übte.

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Bis vor ein paar Tagen hatte ich keine Ahnung, was für ein gewaltiger, ja pathologischer Lügner Ingmar Bergman war. Gewiss, mir war klar, dass man nicht jedes Wort seiner Autobiographie auf die Goldwaage legen muss. Aber seine Filme scheinen mir schonungslos aufrichtig. Das hat sich nicht geändert, seit ich ganz neue Erkenntnisse über ihn gewonnen habe.

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Touristen, die nach Japan kommen, heißt es einmal in Kenji Mizoguchis »Die Festmusik von Gion«, seien verrückt nach zwei Emblemen der Schönheit des Landes: dem Fujiyama und Geishas. Diese westliche Faszination spiegelt sich im Kino, wenngleich auf jeweils ambivalente Weise.

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Es gab eine Zeit, da bildete ich mir ein, ich könne etwas Schwedisch. Sie liegt schon eine Weile zurück und dauerte nicht lang. Dieser Selbsttäuschung erlag ich während einer Ingmar-Bergman-Retrospektive, die in den späten 1980ern im Berliner Arsenal lief. Nach einer Woche kam mir die Sprache so vertraut vor, dass ich überzeugt war, sie auch ohne Untertitel zu verstehen.

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Es ist anregend, ein vertrautes Wort in ungewohnter Bedeutung zu entdecken; fast so, als würde die Welt eine ungekannte Nuance hinzugewinnen. „But lately he had grown modest and private“ fällt Lisa auf, als sie morgens ihren Ziehsohn Kolya weckt, der nun darauf besteht, dass sein Bett durch einen Vorhang vom Rest ihrer kleinen Wohnung abgeschirmt wird.

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Auf dem Papier muss der diesjährige Eröffnungsfilm von Cannes wie ein echter Coup ausgesehen haben: „Offenes Geheimnis“ versprach die ideale Kombination von Starkino und Autorenfilm. Beide Versprechen löst er ein. Trotzdem war die Enttäuschung nach der Premiere groß; namentlich in der deutschsprachigen Festivalberichterstattung.