Cuba si und mehr
Es hat nicht nur Nachteile, dass dieser Blog von niemandem außer mir redigiert wird. Nun bleibt endlich der Punkt nach seinem Vornamen erhalten, den Redakteure sonst geflissentlich tilgen. Zu seinen Lebzeiten legte Christian-Francois Bouche-Villeneuve Wert darauf, dass sein berühmtestes Pseudonym Chris. Marker geschrieben wurde.
Das Phantom unter den französischen Filmemachern ist vor bald zwei Jahren gestorben, aber sein Nachleben ist bewegt. Das hätte diesem prophetischen Träumer bestimmt gefallen, denn die Zukunft verlor er nie aus den Augen. Im letzten Jahr stellte das Pariser Centre Pompidou einige seiner Videoinstallationen aus, in der Londoner „White Chapel Gallery“ wurde gerade die erste Retrospektive seines Werks in England eröffnet (sie läuft bis zum 22. Juni). Mindestens ebenso interessant ist das Programm mit fünf Filmen, welches das Filmkollektiv Frankfurt am 9. und 10. Mai im Filmforum Höchst zeigt (www.filmkollektiv-frankfurt.de).
Aus allen Erdteilen schickte Marker filmische Briefe an das Publikum; aus postkolonialer Perspektive und mit neugierigem Blick dafür, was Urbanität über die Geschichte eines Volkes erzählt. Voller Erwartung verfolgte er die Aufbrüche in neue Gesellschaftsordnungen in China, der Sowjetunion oder Israel. Das Frankfurter Filmprogramm konzentriert sich auf seine Beschäftigung mit Lateinamerika. Von den gezeigten Werken kenne ich nur „Cuba si“, in dem er Havanna als eine Metropole nach US-amerikanischem Vorbild, die von ihren Bewohnern nach der Revolution anarchisch wieder in Besitz genommen wird. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir Markers Beobachtung, dass in den Treppen und Fahrstühlen der Hochhäuser die dritte Etage übersprungen wird, weil dort unter Bastista die Casinos angesiedelt waren. Sie sehen, meine Kenntnis dieser Facette von Markers Werk ist begrenzt; umso mehr beneide ich alle Frankfurter, die die Gelegenheit nutzen können, sie zu entdecken.
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