Apple TV+: »Prime Finder«
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Mathematiker in Film und Fernsehen müssen nicht zwangsläufig sozial inkompetente Fachidioten sein, die sich bloß hinter ihrer Brille verstecken und atemlos Zahlen zu Papier bringen. Sie können durchaus auch – man erinnere sich an die inzwischen schon zwanzig Jahre alte Serie »Numb3rs« – erfolgreich zur Aufklärung von Verbrechen beitragen. Verantwortliche Produktionsfirma war damals die von Ridley Scott – und mit »Prime Finder« geht Scott Free Productions noch einen Schritt weiter. Denn nun, so heißt es in diesem neuen Achtteiler, sind Mathe-Nerds vermutlich die gefährlichsten Menschen der Welt.
Bis Edward Brooks (Leo Woodall) auf diesen Trichter kommt, dauert es ein wenig. Der junge Mann ist Doktorand in Cambridge und dem Vernehmen nach auf seinem Studiengebiet eines der ganz großen Talente. Trotzdem ist sein Doktorvater Professor Mallinder (David Morrissey) unzufrieden mit Edwards Arbeit: Von Primzahlen als Forschungsthema scheint er nicht viel zu halten und rät lieber dazu, sich anderen Herausforderungen zu stellen. Als allerdings Mallinders Ehefrau, die Historikerin Andrea Lavin (Sidse Babett Knudsen), davon ausgeht, dass bei einer Explosion in Bagdad das lange verschollen geglaubte Haus der Weisheit gefunden wurde, meint Edward auf ersten Fotos von dort Formeln an den Wänden auszumachen, die genau den Mustern aus seiner Dissertationsthese entsprechen.
Auch Mallinder versetzt die Entdeckung in Aufregung, hatte doch vor 30 Jahren schon einmal eine ihm nahestehende Cambridge-Studentin wichtige Entdeckungen in Sachen Primzahlen gemacht. Ein paar Nachforschungen dazu und ein erschreckendes Ereignis stellen Edwards Welt alsbald auf den Kopf. Doch erst als sich mit Taylah Sanders (Quintessa Swindell) eine Agentin der amerikanischen NSA an seine Fersen heftet, beginnt er zu ahnen, wie gefährlich seine Forschung für einige sehr mächtige Menschen werden könnte.
Die an dieser Stelle vage Inhaltsbeschreibung ist natürlich einerseits der Spoiler-Gefahr geschuldet. Andererseits liegt sie auch daran, dass der Plot von »Prime Finder« bedauerlich langsam in Fahrt kommt. Bis man einigermaßen erfasst hat, wohin die Reise geht, und endlich richtig Schwung in die Sache kommt, sind locker vier Folgen vorbei. Da hat die von Steve Thompson entwickelte Serie schon mehr als einmal riskiert, dass man einfach abschaltet.
Dass die Spannung in der zweiten Serienhälfte deutlich anzieht, entschädigt für einiges, ebenso die erkennbar hohen Produktionsstandards oder die Tatsache, dass der Held im Zentrum mal kein Hetero ist, sondern sich in Barkeeper Adam (Fra Fee) verguckt. Eine ansonsten unentschlossene Figurenzeichnung und halbherzige Dialoge sorgen entgegen soliden Auftritten von Woodall, Swindell und einem hochkarätigen Ensemble, zu dem auch Stephen Rea und Martha Plimpton gehören, dafür, dass »Prime Finder« nie ganz das angestrebte Niveau erreicht.
OV-Trailer
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