ZDF-Mediathek: »A Good Girl's Guide to Murder«

»A Good Girls Guide to Murder« (Serie, 2024). © ZDF/Joss Barratt/Sally Mais/Simon Ridgway

© ZDF/Joss Barratt/Sally Mais/Simon Ridgway

Nancy Drew der Generation Z

Einst folgten die Redaktionen der BBC, des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Großbritanniens, der internen Maxime, sich bei der Formatentwicklung nie zu wiederholen. Diesem Credo verdanken wir vorzügliche Serien wie »Spooks«, »Rellik«, »Fleabag«, »Black Earth Rising« und viele andere. Davon ist die an junge Erwachsene gerichtete, auf einem Bestseller basierende Krimiserie »A Good Girl's Guide To Murder« weit entfernt. Auf jene, die das internationale Serienschaffen der letzten Jahre halbwegs verfolgt haben, wartet so manches Déjà-vu.

Spätabends läuft eine junge Frau wie benommen durch eine englische Kleinstadt. Die Nahaufnahme zeigt Blut an ihrem Hinterkopf. Fünf Jahre später verharrt die Schülerin Pippa Fitz-Amobi an einer Gedenkstätte aus Blumen, einem Teddy, einem Wandbild. Gewidmet ist es Andie Bell, der jungen Frau vom Beginn. Man glaubt sie tot, ermordet. Ihr damaliger Freund Sal Singh hatte die Tat per Handynachricht gestanden und sich dann selbst getötet. Andies Leiche aber wurde nie gefunden.

Pippa kannte Sal, mag der offiziellen Version nicht glauben, beginnt zu ermitteln. Bald schließt Ravi Singh sich an, der Bruder des vermeintlichen Mörders. Natürlich außerordentlich attraktiv. Doch in eine romantische Richtung denkt Pippa vorerst nicht. Sie bereitet ihre Cambridge-Bewerbung vor, ist intelligent, aber nicht so quirlig wie ihre Freundinnen. Sie bevorzugt einen geschlechtslosen Skaterlook, Latzhose, weite Shorts, trägt beim Baden als einzige Einteiler statt Bikini; sie ist diejenige, die nur zögerlich ins Wasser springt. Ein wenig unscheinbar, zurückhaltend und zugleich unterschätzt, gibt sie die perfekte Identifikationsfigur ab für die Altersgruppe, die sich hormonbedingten Befangenheiten ausgesetzt sieht.

Wenn sie sich aber als Detektivin betätigt, geht sie aus sich heraus, wirft sich leichtsinnig in gefährliche Situationen, erstarrt erst hinterher mit angstvoll aufgerissenen Augen wie ein erschrecktes Rehkitz. Bei einer illegalen Party lässt sie sich sogar auf ein Sexspiel ein. In der Interpretation durch das Autorenteam um die Serienschöpferin Poppy Cogan unterliegt Pippa teils heftigen Stimmungsschwankungen, mal nassforsch, mal bekümmert, binnen Sekunden von Weltschmerz zu hektischer Betriebsamkeit wechselnd.

Die arg konstruierte Krimihandlung folgt Routinemustern. Der Reihe nach geraten wechselnde Personen in Verdacht, werden dunkle Geheimnisse entlarvt. Auch die der ermordeten – oder vermissten – Andie Bell. Das nette Mädchen von nebenan war sexuell sehr aktiv, ältere Männer inklusive, und sie war in Drogengeschäfte verwickelt – wer im Geiste »Twin Peaks« mit »Nancy Drew« kreuzen kann, liegt nicht ganz falsch. Am Rande werden, ein wenig alibihaft, die Vorurteile gegen die Singh-Familie angesprochen, aber nicht vertieft. Nicht von der BBC, sondern vom Channel-4-Ableger E4 gab es vor zehn Jahren eine Serie nach gleichem Basismodell, aber mit beeindruckender Tiefe: »Glue«. Lief auch mal im deutschen Fernsehen, wurde aber leider kaum beachtet.

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