DVD-Tipp: »Body Snatchers« (1978/1993)

»Body Snatchers« (1993). © Plaion Pictures

»Body Snatchers« (1993). © Plaion Pictures

Ausgelöscht

Mit »Invasion of the Body Snatchers« schuf Don Siegel 1956 einen Klassiker des Science-Fiction-Films. Den einen galt er als antikommunistisches Traktat, wollten doch die Invasoren im Film jegliche Individualität auslöschen. Für die anderen dagegen war er eine Attacke auf die konforme US-amerikanische Massengesellschaft. Don Siegel sah viele der Executives in Hollywood als »pods«, die selbstbewussten Filmemachern wie ihm den Eigensinn austreiben wollten. Wie die Einwohner einer Kleinstadt durch außerirdische Duplikate, die keine Emotionen kennen, ersetzt wurden, vollzog sich auf beklemmende Weise (mit einigen wenigen Spezialeffekten an den richtigen Stellen). Der Protagonist kam dem Zuschauer näher als die meisten anderen Protagonisten in diesem Genre in jenen Jahren.

Für die Eindringlichkeit dieser Vision spricht auch die mehrfache Neuverfilmung: 1978 durch Philip Kaufman, 1993 durch Abel Ferrara und zuletzt 2008 durch Oliver Hirschbiegel (als »Invasion«). Die Filme von Kaufman und Ferrara liegen seit kurzem in Deutschland in Neuausgaben vor, erstmals als Blu-ray und mit interessantem Bonusmaterial. Beide sind weniger Remakes als Updates, Kaufman siedelt die Geschichte im San Francisco der siebziger Jahre an, Ferrara auf einer Militärbasis.

Man ist erstaunt, im Bonusmaterial des Kaufman-Films zu erfahren, dass die Handlung erst vier Wochen vor Drehbeginn von einer Kleinstadt in die Großstadt San Francisco verlegt wurde. So sehr saugt dieser Film die Eigenheiten der Stadt auf. Zumal die Höhenunterschiede, die hier durch schräge Winkel forciert werden, von Kameramann Michael Chapman ähnlich eindringlich gestaltet wurden wie zwei Jahre zuvor das New York in »Taxi Driver«. Durchgängig wird so ein Klima der Unsicherheit evoziert. 

Die bildstarke Eingangssequenz, in der Sporen sich von einem fremden Planeten auf die Erde zubewegen, wurde mit einfachsten Mitteln bewerkstelligt (bevor so etwas dank Computertechnik vereinfacht werden konnte). Anders als in Siegels Film macht das den außerirdischen Ursprung von vornherein klar. Dieses Wissen hat der Zuschauer den Protagonisten voraus, zu denen zeitgemäß auch ein (von Leonard »Dr. Spock« Nimoy verkörperter) Selbsthilfe-Guru gehört. Für alle, die den Höhepunkt des Originals noch in Erinnerung haben, bietet der Film am Ende einen zusätzlichen Twist.

Gegenüber der ausgefeilten Textur und Inszenierung dieses Films wirkt der von Abel Ferrara auf den ersten Blick wie geradliniges Actionkino. Seine Protagonistin ist die 17-jährige Tochter eines Biologen, der Militärbasen mit Blick auf die korrekte Lagerung von biologischen und chemischen Waffen inspiziert. Dem verengten Raum einer Militärbasis entspricht der Fokus auf die Kleinfamilie: Die Stiefmutter der Protagonistin Marti ist die Erste, die transformiert wird. Später muss sich Marti fragen, ob sie bereit ist, ein transformiertes Familienmitglied zu töten. Spezialeffekte und die Erklärung der Transformation beschränkt der überwiegend im Dunkel der Nacht spielende Film auf ein Minimum. Das könnte die Handschrift des Regisseurs sein.

Das Mediabook von Capelight präsentiert Kaufmans Film auf Blu-ray und auf UHD. Das Bonusmaterial auf einer zweiten Blu-ray versammelt Extras von vier früheren Veröffentlichungen. Kaufmans Audiokommentar (hierfür deutsch untertitelt) wahrt die Balance von Hintergrundinfos und szenenspezifischen Erläuterungen. Ein zweiter, von zwei deutschen Filmspezialisten, gefällt durch seine Aufmerksamkeit für Details. Die 140 Minuten auf der Bonus-Disc bieten vor allem Interviews mit Beteiligten vor und hinter der Kamera, aber auch ein langes, spannendes Gespräch der britischen Regisseure Ben Wheatley und Norman J. Warren.

Demgegenüber kann die Neuausgabe von Ferraras Film auf kein vorhandenes Bonusmaterial zurückgreifen. So hat man ein aktuelles Interview mit Ferrara geführt, der erklärt, er sei stolz auf den Film, würde so etwas aber nie wieder machen. In der Tat war dies sein einziger Studiofilm. Die Mediabooks beider Filme bieten informative Texte.


Die Körperfresser kommen USA 1978. R: Philip Kaufman. Da: Donald Sutherland, Brooke Adams. Anbieter: Capelight.

VÖ: 27. Oktober 2023

Bestellmöglichkeit (Mediabook)



 


Angriff der Körperfresser USA 1993. R: Abel Ferrara. Da: Terry Kenny, Meg Tilly, R. Lee Ermey, Forest Whitaker. Anbieter: Plaion.

VÖ: 10. Mai 2024

Bestellmöglichkeit (Mediabook)

 

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